Rechtsextremismus: Wie blicken Neonazis auf Israel?
Rechtsextreme Parteien wie „Die Heimat“ und „Der Dritte Weg“ nutzen seit dem 7. Oktober 2023 verstärkt den Konflikt im Nahen Osten, um ihre antisemitische Ideologie zu verbreiten.
Dabei bedienen sie sich einer Strategie, die auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt: Obwohl islamische Glaubensgruppen in ihrem Weltbild meist als Feindbilder gelten, erklären sie den Iran zum „Verbündeten“ und inszenieren eine vermeintliche Solidarität mit Palästinenserinnen und Palästinensern. Grundlage dieser Allianz ist der gemeinsame Hass auf Israel.
Antisemitismus in der rechten Szene zeigt sich in unterschiedlichen Formen: Er reicht vom völkisch-rassistischen Antisemitismus über Verschwörungsmythen bis hin zur Leugnung oder Relativierung des Holocaust. Eine weitere Erscheinungsform ist der israelbezogene Antisemitismus. Diese Spielart des Antisemitismus tarnt sich als vermeintliche Kritik am Staat Israel. Begriffe wie „Zionisten“ oder „Zionistenstaat“ fungieren dabei oft als Codes, um klassische Verschwörungserzählungen über eine angebliche jüdische Weltmacht zu transportieren.
So nutzte die Partei „Die Heimat“ auf einem Banner bewusst die Parole „Israel ist unser Unglück“ und knüpft damit an den berüchtigten Satz „Die Juden sind unser Unglück!“ an, den der Historiker Heinrich von Treitschke 1879 im Kontext des Berliner Antisemitismusstreits prägte und der später von den Nationalsozialisten aufgegriffen wurde.
„Der Dritte Weg“, „Die Heimat“ und ihre Jugendorganisationen positionieren sich vor allem auf Telegram zum Nahostkonflikt. Dort verbreiten und verkaufen sie Sticker und Banner mit Parolen wie „Terrorstaat Israel“. Häufig steht dabei der Davidstern im Fokus, umgeben von den israelischen Nationalfarben Blau und Weiß. Ergänzt werden die Motive durch rote Blutflecken, die den Eindruck von Gewalt und Mord verstärken sollen.
Doch nicht erst seit dem 7. Oktober äußern sich Rechtsextreme und Neonazis zum Nahostkonflikt und zu Israel. Die ideologische Verbindung zwischen Rechtsextremen und Islamisten, vereint durch Israelhass und Antisemitismus, reicht weit zurück. Vor allem die NPD – seit 2023 unter dem Namen „Die Heimat“ bekannt – pflegte seit ihrer Gründung 1965 immer wieder taktische Kontakte zum iranischen Regime und zu Islamisten. Man verstand sich als Bündnis gegen den „liberalistischen Kapitalismus“, die USA und insbesondere Israel.
Beim Sommerfest der NPD im Jahr 2006 hing zum Beispiel die iranische Flagge als Ausdruck der Solidarität mit dem damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, der kurz zuvor in deutschen Medien den Holocaust geleugnet hatte.
Die Partei „Die Rechte“ warb im Europawahlkampf 2019 mit Plakaten, auf denen zu lesen war: „Zionismus stoppen: Israel ist unser Unglück – Schluss damit.“ Damals wurde ein Strafverfahren eingeleitet, jedoch später wieder eingestellt.
Auch heute hisst die Partei „Die Heimat“ noch die iranische Flagge, die gemeinsam mit der palästinensischen Fahne an ihrem Parteistützpunkt in Dortmund-Dorstfeld hängt. Die Solidarität mit dem Iran ist dabei strategisch: Das Regime in Teheran droht offen mit der Vernichtung Israels und unterstützt die Hamas, die am 7. Oktober 2023 den Terroranschlag auf Israel verübte. Für deutsche Neonazis bietet diese Haltung eine Projektionsfläche. So solidarisierten sich im Jahr 2020 Dortmunder Neonazis nach dem Tod des iranischen Generals Qassem Soleimani vor einem „IRAN“-Graffiti und einer Reichsflagge mit dem Regime.
Die iranische und die palästinensische Flagge stehen in diesem Kontext nicht für Solidarität mit den Menschen vor Ort, sondern für einen ideologischen Schulterschluss mit Israels Feinden. Es ist ein kalkulierter Schritt, der verdeutlicht, wie Rechtsextreme ihre Feindbilder flexibel anpassen, solange es ihrer antisemitischen Weltsicht dient. Was sonst auch als Feindbild gilt, also Menschen islamischen Glaubens, wird plötzlich zum „Verbündeten“ erklärt, wenn es in die Logik ihres Antisemitismus passt.
Allerdings existieren auch innerhalb der extremen Rechten unterschiedliche Positionen zum Nahostkonflikt. Besonders in der AfD gehen die Haltungen auseinander: Während einige den Konflikt nutzen, um gezielt Hass gegen Migranten und Menschen muslimischen Glaubens zu schüren, solidarisieren sich andere offen mit dem Terror der Hamas und nutzen die Eskalation, um ihren Antisemitismus zu legitimieren.