HintergrundWas bedeuten die roten Hände?

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Mit roter Farbe beschmierte Hände sieht man bereits seit den 1960er-Jahren als Protestform auf Antikriegsdemonstrationen. Seit 2000 hat dieses Symbol eine besondere Bedeutung im Kontext des Nahostkonflikts bekommen und steht für den Lynchmord an zwei Israelis.

Die rote Farbe soll grundsätzlich vermitteln, dass ein Akteur “Blut an den Händen” habe, also schuldig an Gräueltaten sei. Meistens wird das Symbol benutzt, um ein Zeichen gegen Repressionen und Gewalt zu setzen, wie schon in den 1960er-Jahren bei Antikriegsdemonstrationen gegen den Vietnamkrieg, in den späten 1990er-Jahren bei Demonstrationen gegen Putin und im Kontext der Strafverfolgung des chilenischen Diktators Pinochet oder bei Protesten gegen die Kriege im Irak und Syrien.

Neben Antikriegsdemonstrationen taucht das Symbol der roten Hände heute auch in Kontexten von Protesten von Frauenrechtsbewegungen, Klima-AktivistInnen und TierrechtlerInnen auf. Bekannte globale Kampagnen, die rote Hände als Symbol nutzen, sind der “Red Hand Day – Internationaler Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten” und “Missing and Murdered Indigenous Women”.

Auch bei antiisraelischen Demonstrationen sind seit Jahren immer wieder rote Hände zu sehen, die “Blut an Israels Händen” symbolisieren sollen.

Bei den aktuellen antiisraelischen Protesten gegen den laufenden Krieg in Gaza wird der Symbol roten Hände wieder genutzt – so zum Beispiel im November 2023 an der Universität der Künste in Berlin. Die Studierenden versammelten sich um ein Banner mit der Aufschrift “It’s not complicated” und hielten rot angemalte Hände in die Luft. Laut ihnen sind die roten Hände ein Symbol dafür, dass Blut an den Händen deutscher Politiker*innen klebe, da sie Israel mit Waffenlieferungen unterstützen.
Und auch im internationalen Kontext gab es im März 2024 bei der Oscar-Verleihung eine Protestaktion mit einem Symbol, das viele als rote Hand verstanden.

Rote Hände als Protestform im Kontext des Nahostkonflikts sorgen aber immer wieder für Kritik und Diskussionen:
Zum einen schließt der Vorwurf, besonders brutal und blutrünstig zu sein, im Falle Israels auch an uralte judenfeindliche Narrative an.
Zum anderen ging im Oktober 2000 ein Bild um die Welt, bei dem mit roten Händen die Ermordung zweier Israelis gefeiert wurde: Beim Lynchmord von Ramallah ermordete eine Menschenmenge brutal zwei junge israelische Reservisten. Es sollte ein Racheakt für einen palästinensischen Jungen sein, der zwei Tage zuvor vom israelischen Militär getötet wurde. Die beiden israelischen Reservisten wurden am 12. Oktober 2000 wegen eines Verkehrsdelikts von der Polizei festgenommen, woraufhin eine bewaffnete Gruppe von Männern das Polizeirevier stürmte und die beiden Israelis auf höchst brutale Art und Weise ermordeten. Einer der Mörder reckte damals der Menge vor dem Polizeirevier triumphierend seine blutigen Hände entgegen, worauf ihm zugejubelt wurde. Das Foto ging damals um die Welt und rote Hände wurden zum Symbol für die Ermordung von zwei Juden und zu einem Aufruf zu Gewalt.

Noch heute steht dieses Bild für den Anfang der zweiten und sehr gewaltvollen Intifada, in deren Verlauf rund 1.000 Israelis getötet wurden, davon etwa die Hälfte durch Selbstmordanschläge. Das ikonische Foto verweist bis heute auf antisemitische Morde und Terror. Im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts sind rote Hände für viele Israelis sowie Jüdinnen und Juden untrennbar mit dieser Bedeutung und dem damit kollektiven Trauma verbunden, da sie diesen Vorfall und das Foto kennen.

Foto: Katia Vásquez Pacheco

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