Rechtsextreme Tiraden vor Gericht

Vor dem Oberlandesgericht Naumburg beginnt das Hauptverfahren gegen den Attentäter von Halle. In der Anklageschrift wird ihm u. a. zweifacher Mord und versuchter Mord in 68 Fällen vorgeworfen. Der Angeklagte bekennt sich zu den Taten und äußert sich offen rassistisch und antisemitisch.

Mit knapp zwei Stunden Verspätung eröffnete Ursula Mertens, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Naumburg, am Dienstag, den 21. Juli 2020, die Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle. Aufgrund erhöhter Sicherheitsvorkehrungen und aus Kapazitätsgründen wird das Verfahren im Gebäude des Landgerichts Magdeburg verhandelt. 

Der Bundesanwalt Kai Lohse verlas die Anklageschrift, welche Stephan B. insgesamt 13 „rechtlich selbstständige Handlungen“ vorwirft. Unter anderem wird ihm vorgeworfen, zwei Menschen – die Opfer Jana L. und Kevin S. – „aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch“ getötet zu haben. Neben dem 52-fachen versuchten Mord an den zur Tatzeit in der Synagoge Anwesenden und mehrfachen körperlichen Misshandlungen, wird ihm vorgeworfen, „eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, geleugnet zu haben“ (Holocaustleugnung). Hinzu kommen u. a. der Versuch, mit „gemeingefährlichen Mitteln […] einen Menschen zu töten, um eine andere Straftat zu ermöglichen“, sowie versuchte räuberische Erpressung.

Laut Bundesanwaltschaft habe sich der Angeklagte am 9. Oktober 2019 um kurz vor 12 Uhr mit acht Waffen und zahlreichen Sprengsätzen bewaffnet der Synagoge genähert, „um einen Mordanschlag auf die Besucher der Synagoge zu verüben“ – in der Absicht, „eine möglichst große Anzahl Menschen zu töten“. Dabei habe er laut Lohse aus einer „antisemitischen, rassistischen und menschenfeindlichen Gesinnung heraus“ gehandelt. 

In Anlehnung an das Attentat in Christchurch, Neuseeland, habe er das Attentat Monate im Voraus geplant und Schusswaffen sowie Sprengsätze selbst gebaut. Dabei habe er die Tat mit zwei Kameras gefilmt und kurz vor der Synagoge einen Link zu einem Livestream sowie Links zu drei selbstverfassten Dokumenten veröffentlicht. Die Bundesanwaltschaft verwies auf den darin enthaltenen Hinweis in englischer Sprache, alle Juden zu töten („Kill all jews“). Er habe Nachahmer zu gleichen Taten animieren wollen. Zu Beginn des Streams habe er den Holocaust geleugnet und Juden als Ratten und die Wurzel vermeintlicher Probleme bezeichnet. Er sei davon ausgegangen, dass aufgrund des jüdischen Feiertages Jom Kippur besonders viele Menschen in der Synagoge seien, die er beabsichtigte, zu töten.

Nach Verlesung der Anklage begann der Angeklagte mit seiner Einlassung. Persönliche Fragen, etwa zu seiner Familiengeschichte, blockte er ab bzw. beantwortete diese wortkarg. Zur Begründung seiner Einsilbigkeit führte er an, dass solche Fragen darauf zielten, Taten wie die seine künftig zu verhindern, was nicht in seinem Interesse sei. 

Stattdessen breitete er vor Gericht – und im Beisein vieler Überlebender des Attentats – ganz offen sein rechtsextremes Weltbild aus. So sagte er, dass er sich 2015 dazu entschieden habe, nichts mehr für diese Gesellschaft zu tun, da diese Gesellschaft nichts für ihn getan habe und ihn „durch Muslime und N***“ ersetzt habe. Die Vorsitzende Richterin ermahnte den Angeklagten daraufhin. Sie stellte klar, dass sie im Gerichtssaal derartige menschenverachtende Aussagen nicht hören wolle und drohte dem Angeklagten mit dem Ausschluss von der Verhandlung.

Es dauerte nicht lange, bis der Angeklagte auch seine antisemitische Weltsicht offen zur Schau stellte: „Die Juden sind die Hauptverursacher des weißen Genozids”, behauptete B. unter Rückgriff auf die auch in der Neuen Rechten weitverbreitete Verschwörungsideologie vom „Großen Austausch“. Außerdem gab er an, den jüdischen Feiertag Jom Kippur bewusst ausgewählt zu haben. Der antisemitischen Imagination des Angeklagten zufolge würden Jüdinnen und Juden an diesem Tag „dafür beten, dass sie sich auch im nächsten Jahr nicht an Verträge halten müssen“.

Deutlich wurde auch die Bedeutung der „Gamification“ des rechten Terrors: B. gab an, die Passantin Jana L. auch deshalb erschossen zu haben, um sich nicht vor seinem Online-Publikum zu „blamieren“. Dabei bezog er sich in seiner Einlassung auch auf das Attentat von Christchurch, das ihn inspiriert habe. Später sagte der Angeklagte zudem: „Die Übertragung [der Livestream] war viel wichtiger als die Handlung an sich“.

Insgesamt zeichnete sich der Angeklagte durch ein hohes Selbstinszenierungsbedürfnis aus. Stolz machte er immer wieder Angaben zur Anzahl, Art und Beschaffenheit der selbstgebauten Waffen, Munition bzw. Sprengstoff und legte dar, warum diese nicht die von ihm beabsichtigte tödliche Wirkung entfalteten. Er zeigte keine Reue, gab aber an, dass er bedauere, die aus seiner Sicht „Falschen“ – also Weiße – attackiert zu haben. Seine antisemitische und rassistische Tötungsabsicht gegenüber den Besucher*innen der Synagoge und des Dönerimbisses gab er mehrfach offen zu. Ebenso sprach er davon, auf seiner Flucht einen Schwarzen nicht mit dem Auto getötet zu haben, um sich nicht selbst zu gefährden.

Die Vorsitzende Richterin offenbarte in ihren Nachfragen ein eklatantes Unverständnis über die Funktionsweisen antisemitischen Gedankenguts. So sagte sie in Richtung des Angeklagten, es sei schade, dass er die Synagoge nicht einmal am Tag der offenen Tür besucht habe. Aus einer solchen Aussage spricht die Annahme, dass ein Antisemit sich durch „positive“ Erfahrungen irritieren lasse und seine mörderische Ideologie hinterfragen würde. Zudem mutet die Anmerkung der Richterin höchst zynisch an, im Kontext dessen, dass der Angeklagte zuvor erklärte, dass er die Tat anders – und somit womöglich mit mörderischem „Erfolg“ – begangen hätte, wenn er um den Aufbau der Synagoge gewusst hätte.

Hauptverhandlung gegen Stephan B. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht Naumburg

1. Verhandlungstag (21. Juli 2020)

CN: Das nachfolgende Protokoll enthält explizit gewaltverherrlichende, rassistische, antisemitische und menschenverachtende Aussagen und Ausdrücke.
Wir protokollieren die vollständige Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle. Wir versuchen dabei, so nah wie möglich am Wortlaut der Verhandlung zu bleiben, direkte Zitate sind durch Anführungszeichen gekennzeichnet. Da es nicht zulässig ist, die Verhandlung mitzuschneiden, entsteht unser Protokoll auf Basis unserer Mitschriften aus dem Gericht. 
Einige Passagen haben wir bewusst gekürzt. So werden etwa Inhalte, die die Persönlichkeitsrechte von Prozessbeteiligten oder Dritten verletzen könnten, nicht veröffentlicht. Zudem streichen wir in der öffentlich zugänglichen Fassung des Protokolls jene Passagen, die Details der Tat und Tatplanung beinhalten und deren Veröffentlichung eine Gefahr, etwa durch Nachahmer, darstellen könnte. Die entsprechenden Abschnitte werden mit “[XXX]” gekennzeichnet. In begründeten Ausnahmefällen können etwa Wissenschaftler*innen oder Journalist*innen die gestrichenen Passagen bei uns anfragen. 
Nachnamen werden ggf. abgekürzt. An Stellen, an denen uns unser Protokoll nicht präzise genug war, etwa weil Wortbeiträge unverständlich vorgetragen wurden, haben wir Auslassungen auf die gängige Weise “[…]” angegeben.

Verhandlungsbeginn

Der Angeklagte Stephan B. wird mit Fuß- und Handfesseln in den Saal geführt. Die Handfesseln werden ihm abgenommen. Die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens eröffnet die Hauptverhandlung in der Strafsache gegen Stephan B. vor dem Staatsschutzsenat des OLG Naumburg. Sie stellt die Anwesenheit der Dolmetscher ins Russische, Türkische, Polnische und Englische fest und erläutert die besonderen Bedingungen des Verfahrens: Sie gehe mit Blick auf die Corona-Pandemie davon aus, dass alle Anwesenden keine Krankheitssymptome haben.

Sie selbst habe ein Verfahren mit derart vielen Beteiligten noch nicht geführt. Die Pausenregelungen und Regelungen zur Nutzung der Mikrofone werden erläutert. Es können maximal drei Mikrofone gleichzeitig durch die Verfahrensbeteiligten genutzt werden.

Im Anschluss stellt Mertens die Anwesenheit der Vertreter der Generalbundesanwaltschaft fest: Diese wird durch Bundesanwalt Kai Lohse und Oberstaatsanwalt Schmidt vertreten.

Der Angeklagte Stephan B. wird von RA Hans-Dieter Weber und RA Rutkowski vertreten. 

Mertens verliest die Namen der anwesenden Vertreter*innen der Nebenklage und Sachverständig*innen.

Gegenstand der Hauptverhandlung ist die Anklageschrift der GBA vom 3. April 2020, welche mit Beschluss vom 11. Juni 2020 zugelassen wurde. Die Vorsitzende stellt fest, dass es vorab keine Absprachen zwischen den Verfahrensbeteiligten gegeben habe und belehrt den Angeklagten B. über sein Rechte, insbesondere sein Aussageverweigerungsrecht. 

Sodann werden die Personalien des Angeklagten festgestellt:
Stephan B., geboren am [x].[x].1992 in Alsleben, deutscher Staatsangehöriger, zuletzt wohnhaft in Benndorf.

Auch B.s bisherige Haftzeit wird festgestellt:
Der Angeklagte wurde am 9. Oktober 2019 vorläufig festgenommen und ist seit dem 10. Oktober 2019 ununterbrochen in Untersuchungshaft.

B. gibt an, dass er sich zur Sache äußern möchte. 

Verlesung der Anklage

Bundesanwalt Kai Lohse verliest die Anklageschrift. Laut Anklage hat B. sich am 9. Oktober 2019 in Halle an der Saale durch 13 “rechtlich selbstständige Handlungen” strafbar gemacht. Diese werden einzeln aufgezählt. […]

Stephan B. wird vorgeworfen, zwei Menschen „aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch“ ermordet zu haben und in neun Fällen zum Nachteil von 68 Personen versucht zu haben, Menschen zu töten, u. a. heimtückisch, aus niedrigen Beweggründen und um eine andere Straftat zu ermöglichen. Neben mehrfachen körperlichen Misshandlungen und räuberischer Erpressung, wird ihm vorgeworfen, „eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, geleugnet zu haben“. Hinzu kommt u. A. versuchte räuberische Erpressung. Ebenso sei er vorsätzlich und grob verkehrswidrig zu schnell gefahren und habe fahrlässig das Leib und Leben eines anderen Menschen gefährdet.

Bundesanwalt Lohse schildert den Tathergang aus Sicht der Bundesanwaltschaft:

Erste und zweite Tat: Der Angeklagte B. sei am 09. Oktober 2019 um kurz vor 12 Uhr bewaffnet mit acht Waffen und Sprengsätzen zur Synagoge der Jüdischen Gemeinde Halle (Saale) gefahren, um einen Mordanschlag auf die Besucher der Synagoge zu verüben und eine möglichst große Anzahl an Menschen zu töten.

Er habe aus antisemitischer, rassistischer und menschenfeindlicher Gesinnung heraus gehandelt. B. habe sich aus dem sozialen Leben herausgedrängt gefühlt und die Tat Monate zuvor geplant. Die Schusswaffen und Sprengsätze habe er selbst gebaut.

Seine Tat habe er in Anlehnung an den rechtsextremen Attentäter von Christchurch, Brenton Tarrant, begangen. Er hätte ein Zeichen gegen die Verdrängung von Deutschen setzen wollen. Seine Tat habe er mit einer Kamera an seiner Schutzweste gefilmt. Die Kamera sei mit einem Smartphone verbunden gewesen, um die Aufnahme der Tat per Livestream auszustrahlen. Unmittelbar vor der Ankunft in der Synagoge habe er einen Link mit drei selbstverfassten Dokumenten veröffentlicht, die Angaben zum Tathergang, zu den Waffen und zu seiner Motivation enthalten. In einem der englischsprachigen Dokumente habe er mit den Worten “Kill all Jews” dazu aufgerufen, alle Juden zu töten.

Seine Tat habe er per Livestream auf der Plattform “Twitch” übertragen. Er wollte Nachahmer zu ähnlichen Taten animieren. Im Stream habe er in seinem einleitenden Kommentar den Holocaust “in Abrede” gestellt, indem er sagte “I think the Holocaust never happened”. Er bezeichnete Juden als Wurzel vermeintlicher Probleme und als Ratten. 

Im Anschluss an diesen Kommentar habe er sich dem Tatvorhaben zugewandt. Er sei davon ausgegangen, dass aufgrund des Feiertags Jom Kippur, der an dem Tag begangen wurde, besonders viele Leute in der Synagoge sein würden und wollte eine möglichst große Anzahl der Besucher töten. 

52 Personen hielten sich zum Tatzeitpunkt in der Synagoge auf. 

Gegen 12 Uhr ging B. mit einer Schrotflinte, einer Sprenggranate und […] auf die Eingangstür zu. Er habe dabei die Vorstellung gehabt, nun mit dem Töten beginnen zu können. Sein Vorhaben misslang, da die Tür verschlossen war. Er habe die Schrotflinte abgestellt und die Granate geworfen. Dabei habe er mit der Absicht gehandelt, dass Personen die sich auf der Freifläche (im Hof) aufhielten tödlich getroffen werden oder er Flüchtende erschießen könne.

Anschließend sei er weiter zum Tor der Synagoge gegangen. Er habe einen weiteren Sprengsatz in der Türspalte platziert und detonieren lassen. 

Wenig später habe er wieder versucht das Tor aufzudrücken – auch dieser Anlauf sei misslungen. Er sei an der Mauer entlanggelaufen. Kurze Zeit später sei der dritte Anlauf gefolgt – er habe mit der Schrotflinte auf die Tür geschossen. 

Zuerst habe seine Waffe Ladehemmung gehabt, dann habe er drei Schüsse abgefeuert. 

Die Tür ließ sich nicht öffnen. Er habe dreimal gegen die Tür getreten, ohne Erfolg. 

Anschließend sei Stephan B. zurück zu seinem PKW gegangen und habe drei Molotowcocktails und […] geholt. Er habe in der Vorstellung gehandelt Personen verletzen oder töten zu können. Dann habe er versucht, die Synagoge in Brand zu setzen. 

Schließlich habe er sein Vorhaben aufgrund der ihm verfügbaren Mittel als gescheitert angesehen. Gegen 12:07 Uhr habe er den Tatort mit einem Mietfahrzeug verlassen.

Dritte Tat: Kurz vor der Sprengung der Tür sei Jana L. an dem Angeklagten vorbeigekommen, ohne zu erkennen, dass B. bewaffnet war. Er habe aus Verärgerung, nicht in die Synagoge eindringen zu können, in Tötungsabsicht vier Schüsse aus der Maschinenpistole abgegeben. Er habe Jana L. aufgrund ihres Aussehens für minderwertig gehalten und “sprach ihr die Lebenswürdigkeit ab”. Er habe weitere 11 Schüsse auf Jana L.s Körper abgegeben, als diese bereits am Boden lag. Dabei zerschoss er versehentlich einen Reifen. Er habe Jana L. als “Schwein” bezeichnet. Jana L. verstarb an Ort und Stelle an den Schussverletzungen. 

Vierte Tat: Unmittelbar nach den Schüssen auf Jana L. sei B. zur Synagoge zurückgekehrt. Dort habe er Mandy R. wahrgenommen. Er habe seine Maschinenpistole angelegt und erkannt, dass die Waffe Ladehemmung hatte. R. habe sich aus dem Schussfeld entfernt. B. sei sich des Risikos für ihn bewusst gewesen, wenn er R. verfolgen würde. 

Fünfte Tat: Kurz nach der Begegnung mit Mandy R. habe B. versucht, über Nachbargrundstück auf das Gelände der Synagoge zu gelangen. Stanislaw G. habe derweil den Körper von Jana L. bemerkt, ohne das Geschehen vorher mitbekommen zu haben. Er habe gehalten, um Hilfe zu leisten. Der Angeklagte habe seine Maschinenpistole auf ihn gerichtet, um ihn zu töten. Aufgrund von Ladehemmungen habe sich kein Schuss gelöst. Nachdem er es ein zweites Mal versucht habe, sei er von Tötungsversuch mit der Maschinenpistole abgerückt. Danach habe B. die Schrotflinte ergriffen, um mit dieser Stanislaw G. zu erschießen. Stanislaw G. habe die Zeit genutzt, um zu fliehen. Ein tödlicher Schuss sei nicht mehr möglich gewesen, was B. bewusst gewesen sei.

Sechste Tat: Im Anschluss habe sich der Angeklagte mit einem PKW von der Synagoge entfernt und sich 12:09 Uhr dem “Kiez-Döner” genähert. Aufgrund der “Frustration, keine große Anzahl von Menschen getötet zu haben”, habe er sich spontan entschlossen, eine andere Bevölkerungsgruppe anzugreifen, die er für seine Misere verantwortlich machte. Diese dort anzutreffen, vermutete er aufgrund des Namens der Gaststätte. […]

B. habe eine Granate auf die Gaststätte geworfen und sei in der Hofeinfahrt in Deckung gegangen. Er habe die Eingangstür verfehlt. Ein Nagel habe […] getroffen, wovon er/sie ein Hämatom davongetragen habe. Danach habe B. das Geschäft betreten, sei auf Kevin S. getroffen und habe zwei Schüsse abgegeben, weil er ihn irrtümlich für einen Muslim gehalten habe. Er habe Kevin S. vorerst verfehlt. Dieser sei dann geflohen und B. sei ihm gefolgt. Conrad R. sei in den Toilettenraum geflohen.

B. habe Bernd H. wahrgenommen und die Maschinenpistole angelegt. Er habe zweimal versucht, in Tötungsabsicht zu schießen, sei aber aufgrund von Ladehemmung gescheitert. Bernd H. habe die zeitliche Verzögerung zur Flucht genutzt. Auch der dritte Schussversuch sei an einer Ladehemmung gescheitert.

B. sei davon ausgegangen, dass er Bernd H. nicht töten könne. 

Zeitgleich habe er Kevin S. zusammengekauert gefunden. Er habe wiederum angelegt und versucht, zu schießen. Erneut habe sich aufgrund einer Ladehemmung kein Schuss gelöst.

Er habe erneut angelegt, wieder sei die Schussabgabe gescheitert. 

Auch ein weiterer Schuss auf Wolfgang B. sei gescheitert. Wolfgang B. sei geflohen. B. habe erkannt, dass die Verfolgung sinnlos gewesen sei. B. habe erneut auf Kevin S. angelegt. Zwei Versuche weitere seien gescheitert. Der Angeklagte habe nun mit Einzelladerpistole gezielt. Ein Schuss habe Kevin S. getroffen.

B. habe den Imbiss verlassen und sei zum Mietwagen gegangen. Danach sei er zurückgekehrt und habe mit einer Schrotflinte auf den lebenden Kevin S. geschossen. Er sei weggegangen, erneut umgekehrt und habe zwei weitere Schüsse abgegeben. Dann habe er die Gaststätte um 12:15 Uhr verlassen. Kevin S. erlag multiplen Schussverletzungen u. a. durch Schüsse in Herz und Lunge.

Siebte Tat: In der Schillerstraße habe B. mit einer Schrotflinte auf einen tunesischen Staatsangehörigen gezielt. B. habe aufgrund seiner erkennbaren Abstammung die Absicht gehabt, ihn zu töten. Dieser konnte jedoch fliehen. B. habe einen Schuss abgegeben und ihn verfehlt. B. habe erkannt, keine Möglichkeit mehr zu haben, ihn einzuholen.

Achte Tat: Der Angeklagte sei mit dem Mietfahrzeug einige Meter auf und ab gefahren und habe dann gehalten. Er sei mit der Schrotflinte ausgestiegen. Er habe Abdul […] und eine unbekannte Person gesehen und aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes für Muslime gehalten. B. sei ihnen einige Meter gefolgt und habe auf sie geschossen. Er habe sie “aufgrund ihrer Herkunft töten” wollen. Die Angegriffenen haben Deckung gesucht, ein weiterer Schuss habe sie verfehlt. B. habe erkannt, dass er den Vorsprung der Geschädigten nicht einholen könne.

Neunte Tat: B. sei auf der Ludwig-Wucherer-Straße einige Meter gefahren und dabei auf eine Funkstreife der Polizei gestoßen. […] Die Polizisten hätten bereits über Funk von einem Schusswaffengebrauch gewusst. B. habe sich in seinem Vorhaben, Menschen zu töten, gehindert gesehen. Er sei aus seinem PKW ausgestiegen und habe sich mit der Schrotflinte hinter seiner Fahrertür positioniert. Dann habe er sich hinter das Heck des Fahrzeugs begeben und drei weitere Schüsse abgegeben. […] B. habe versucht eine Rauchgranate zu zünden, aber sei durch den Schuss aus einer Maschinenpistole von einem Polizisten getroffen wurden. Er sei zu Boden gefallen und einige Sekunden benommen gewesen. […]

B. habe erkannt, dass er der Polizei unterlegen war und fuhr mit seinem PKW weiter.

Zehnte Tat: B. habe versucht, so schnell wie möglich zu fahren, um sich der Verfolgung durch die Polizei zu entziehen. Er sei mit einem Taxi zusammengestoßen und mit hoher Geschwindigkeit auf die Gegenfahrspur gewechselt. B. habe bei seiner Fahrt Abdi I. mit seinem Seitenspiegel angefahren. Anschließend habe B. seine Fahrt fortgesetzt.

Elfte und zwölfte Tat: Der Angeklagte habe um kurz vor 13 Uhr sein Auto in Landsberg abgestellt, um die Flucht mit einem anderen Fahrzeug fortzusetzen. Er habe die selbstgebaute Einzelladerpistole und Maschinenpistole mitgenommen. In der Hofeinfahrt, [XXX, Adresse, Anm. democ.], habe er von Jens Z. verlangt, die Schlüssel seines PKWs auszuhändigen. Dieser habe angegeben, keine Schlüssel zu haben. B. habe aus Wut auf Jens Z. geschossen, weil dieser angab, keine Schlüssel zu haben. Er habe dessen Tod billigend in Kauf genommen und herablassend gehandelt, da er ihn als “der Unterschicht zugehörig” betrachtete. Danach habe der Angeklagte auf die Beine von Dagmar M. geschossen. Der Schuss habe den linken Gesäßbereich getroffen und M. habe durch den Sturz eine Schürfwunde davongetragen. […]

B. habe auch M. gegenüber “aus einer geringschätzigen Haltung heraus” gehandelt und habe mit seiner Tat des Weiteren versucht, einen PKW in seinen Besitz zu bringen. Beide verweigerten weiterhin Schlüssel. B. habe es für möglich gehalten, dass beide so verletzt seien, dass diese sterben würden.

Dreizehnte Tat: Gegen 13 Uhr habe B. sich zur KFZ-Werkstatt, [XXX, Adresse, Anm. democ.], begeben, um einen PKW zu beschaffen. Dort habe er von Christian W. die Herausgabe eines Taxi-Fahrzeugs verlangt. Er habe mit einer Waffe dessen Bruder Daniel W. bedroht, worauf dieser ihm die Zündschlüssel eines Taxis gab. B. habe anschließend zwei 50-Euro-Scheine auf den Boden geworfen. […]

B. wurde auf der Bundesstraße 91 nach einem Zusammenstoß mit einem LKW festgenommen. Zusammenfassend nennt Bundesanwalt Lohse die Tatbestände. B. sei angeklagt wegen Mordes, versuchten Mordes, versuchter räuberischer Erpressung mit Todesfolge, besonders schwere räuberischen Erpressung, Volksverhetzung, gefährliche Körperverletzung. […]

Der geschädigte Abdi I. habe laut Lohse Strafantrag gestellt

Es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung der Taten.

Es komme die Unterbringung von B. in Sicherheitsverwahrung in Betracht.

Aussage Stephan B.

Zunächst belehrt die Vorsitzende Richterin Mertens den Angeklagten B. bezüglich eines Rechts auf Aussageverweigerung. Auf die Frage, ob er aussagen wolle, antwortet B. mit “Ja”. Die Richterin Mertens erklärt, es werde zuerst um seinen Lebenslauf, die Vorgeschichte der Taten und dann um das allgemeine Tatgeschehen gehen. Einzelheiten würden nach Inaugenscheinnahme des Videos besprochen. Gegebenenfalls werde dies wiederholt. Die Verfahrensbeteiligten hätten das Recht, Fragen zu stellen.

Auf Mertens’ Frage, wie seine Kindheit verlaufen sei, antwortet B., das sei unwichtig. Die Vorsitzende antwortet, sie würde nicht fragen, wenn sie nicht wüsste, dass seine Eltern geschieden seien und fragt nach B.s Alter bei der Scheidung.

B. antwortete er sei etwa 14, 15 Jahre alt gewesen.

Die Vorsitzende fragt, ob er die Trennung als belastend empfunden habe. B. antwortet mit “Nein”, sie hätten ein gutes Verhältnis.

Auf die Bitte, davon mehr zu erzählen, gibt B. an, die Tat hätte keinen Bezug zur Familie. Die Vorsitzende erklärt, man frage sich natürlich, wie Menschen sich entwickeln. 

B. antwortet: “Man fragt sich natürlich, wie man diese Handlungen verhindern kann. Daran habe ich kein Interesse.”

Die Vorsitzende Mertens fragt nach B.s Schwester. Er antwortet, sie sei drei Jahre älter und er habe ein gutes Verhältnis mit seiner Schwester und seinen Eltern. Die Fragen, ob er von weiteren Personen Besuch erhalten habe und ob er eine Telefonerlaubnis habe, werden beide mit “Nein” beantwortet. Dass er seine Schullaufbahn als unauffällig empfunden habe, beantwortet B. mit “Ja, unauffällig”.

Auf die Frage, ob er mit sechs Jahren eingeschult worden sei, antwortet B., das müsse so sein. Ob er die Grundschule bis zur sechsten Klasse besucht habe, bejaht B.

Auf die Frage, mit wie viel Schuljahren er einen Abiturabschluss erhalten habe, sagt er “mit 12 Jahren”. B. gibt auf Nachfrage der Vorsitzende an, nie eine Klasse wiederholt zu haben, eine Vorliebe für Biologie und eine Schwäche in Englisch gehabt zu haben.

Die Frage, ob er gute Freunde gehabt habe, verneint B. Auf die Frage nach seinen Interessen gibt er “Internet” an. Er habe irgendwann als Teenager dazu Zugang bekommen. 

Die Vorsitzende fragt, ob es sein „Haupthobby” gewesen sei. Er sagt: “Neben vielen anderen, ja.” B. erklärt, er wolle nicht über Privatsachen reden. Die Vorsitzende fragt, ob ihn das Internet fasziniert habe. Er antwortet, “in gewisser Weise ja”. Auf die Rückfrage, was daran besonders faszinierend gewesen sei, sagt B.: “die Möglichkeit sich frei zu unterhalten”.

Die Vorsitzende hakt nach, ob es diese Möglichkeit auch woanders gebe. B. antwortet: “Nicht in Deutschland!”.

Ob er sich mit anderen Menschen Kontakt hatte, beantwortet er mit “Ja, selten”. […] Er bestätigt, dass seine Schwester ihn manchmal mitgenommen habe. Wie er dies empfunden habe, fragt die Richterin. Ganz nett, antwortet B.

Die Vorsitzende will wissen, ob sich etwas daraus entwickelt hat. B. antwortet, man hätte halt ein paar Bekannte. Auf die Nachfrage, ob das bis zuletzt so gewesen sei oder geendet hätte, gibt B. an, das hätte nach und nach abgenommen. 

Die Vorsitzende fragt B., ob er wisse, was die Ursache war. Er antwortet, das seien verschiedene Sachen gewesen und das sei unwichtig. Seine Schwester habe sich trotzdem bemüht, fragt die Vorsitzende Mertens, was B. bestätigt: “Auf jeden Fall.”

Habe er seine Schwester gesehen? Ja. Auf Nachfragen bzgl. des Kindes seiner Schwester möchte B. nicht eingehen. B. bejaht, ob die Schwester einen eigenen Haushalt führt.

Die Vorsitzende fragt nach B.s Wehrdienst. Er gibt an, einen verkürzten Wehrdienst von sechs Monaten in der Panzergrenadier-Einheit 4012 in Hagenow, Niedersachsen, geleistet zu haben. Nach Möglichkeit sei er nach Hause gefahren. Der Wehrdienst sei anstrengend gewesen, da er unsportlich gewesen sei. Die Bundeswehr sei “keine richtige Armee”, sondern nur “Bürger in Uniform”.

Ob er jemals überlegt habe zu verweigern, fragt die Vorsitzende. “Niemals!”, erwidert B.

Auf die Frage nach freundschaftlichen Kontakten gibt B. an, nur einen Bekanntenkreis gehabt zu haben und in diesem seien auch nur wenige gewesen. Die Vorsitzende fragt, was seine Pläne nach dem Wehrdienst gewesen seien.

B. antwortet, er habe ein Studium anfangen wollen: “Molekulare und Strukturelle Produktgestaltung”. Er habe eine Einzimmerwohnung in Magdeburg angemietet. Die Vorsitzende fragt, wann er dort hingezogen sei. Der Angeklagte antwortet, sie habe die Daten. Er habe in einer der ärmsten Gegenden gewohnt und habe in der Wohnung die Lüftung abkleben müssen, da Insekten herausgekommen wären, “weil die Mieter” über ihm “Drecksschweine” gewesen seien. Dies sei ein ehemaliger Plattenbau gewesen, der mittlerweile abgerissen wurde. Dort habe er sich nicht sehr wohlgefühlt.

Die Frage, ob er eine Fahrerlaubnis gehabt habe, beantwortet er mit “Ja”, er habe aber kein Auto gehabt. Sein Studium sei mäßig gelaufen, so B. Es hätte Fächer gegeben, die ihm Spaß gemacht hätten, aber auch welche in denen er richtig schlecht gewesen sei.

Die Vorsitzende fragt, ob das Studium die richtige Wahl gewesen sei. Er antwortet mit “Nein”. Er habe dann im 2. Semester zu Chemie gewechselt, weil ihm das mehr lag. Auf Rückfrage der Vorsitzenden gibt er an, das sei besser gewesen.

Die Vorsitzende fragt, ob dann die Krankheit kam und bittet um Schilderung. Er sagt er möchte die Krankheit ungern schildern, sie hätte die Akten. […] Er habe sich über ein Jahr nicht richtig bewegen können, so B. und er habe heute noch Probleme. Die Vorsitzende fragt, wann es gut oder besser gegangen sei. B. antwortet, das sei 3 bis 4 Jahre später gewesen. Die Vorsitzende fragt, ob er in der Zeit wieder bei der Mutter gewohnt habe. Er sagt, ja, das habe er, aus Geldgründen. Die Vorsitzende fragt, wie seine Pläne zu diesem Zeitpunkt waren. Er lacht und sagt, er hätte keine mehr gehabt. Sie fragt ihn, ob er so “in den Tag rein gelebt” habe. Er sagt, ja, das könne man so sagen. Rehasport habe er nicht gemacht. Ob er eine Therapie gemacht habe, will die Vorsitzende wissen. “Nein”, sagt B. Einen Kuraufenthalt? Er denke, das habe er abgelehnt. “Warum?”, will die Vorsitzende wissen. Das sei für alte Leute, begründet B. Dem widerspricht die Vorsitzende und weist darauf hin, dass es auch für junge Männer, die krank sind, geeignet sei. Das sei jedenfalls der Grund gewesen, erwidert B. Er habe keine Lust gehabt.

Die Vorsitzende sagt, dass sie sich vorstelle, dass es da Leidensdruck gebe. B. stimmt zu und antwortet, dass es nicht schön sei.

Die Vorsitzende erklärt, sie versuche zu verstehen, warum er da nicht ein bisschen aktiv geworden ist. B. antwortet, das sei alles unwichtig. Die Vorsitzende sagt, sie wisse nicht ob es unwichtig ist. B. sagt, er wisse es aber und er möchte nicht antworten.

Ob er überwiegend zu Hause und im Internet gewesen sei, will die Vorsitzende wissen. 

“Ja”, und er habe Sport getrieben. Anfangs nur gegangen, dann Liegestütze, Sit-ups und Laufen. Die Vorsitzende fragt, ob er im Fitnessstudio gewesen sei, was B. verneint. Ab wann es ihm wieder “richtig gut” gegangen sei, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte lacht und sagt er könne darauf keine Antwort geben. B. sagt: “Nach 2015 habe ich entschieden, nichts mehr zu tun für eine Gesellschaft, die nichts mehr für mich tut und mich durch Muslime und Neger ersetzt”. Die Vorsitzende belehrt den Angeklagten, dass sie keine Beschimpfungen möchte und ihn wegen solchen Verhaltens ausschließen könne. Sie dulde nicht, dass er Straftaten im Gerichtssaal begehe. B. antwortet, dieses Wort sei früher eine normale Bezeichnung gewesen. Die Vorsitzende sagt, es gehe nicht darum, was früher war, es gehe darum, was beleidigend ist: “Diese menschenverachtenden Äußerungen möchte ich hier von Ihnen nicht hören.” […] Die Vorsitzende sagt zu ihm, er habe sich entscheiden, nichts für die Gesellschaft zu tun. Damit habe er auch entscheiden, nichts für sich zu tun.

Er habe versucht sich zu bessern, antwortet der Angeklagte. Die Vorsitzende merkt an, dass ein außenstehender Dritter, dem man erzähle, dass er noch im Kinderzimmer wohne, denken würde, dass dieser nicht viel Wert auf Lebensqualität legen würde. B. lacht und sagt: “Keine Antwort”.

Auf die Frage nach seinem Einkommen, gibt der Angeklagte an, seine Eltern hätten ihn unterstützt. Er habe nie Sozialhilfe bekommen und nie geerbt – nur kleine Geschenke zum Geburtstag bekommen. Die Vorsitzende kommt auf seine Internetaktivität zu sprechen und fragt B., ob er Personen hatte, mit denen er gechattet hat und ob das (nicht) mit Klarnamen gewesen sei. B. lacht. Natürlich habe er mit Menschen kommuniziert, er kenne diese Personen aber nicht. Die Vorsitzende fragt, ob er mal Telefonnummern ausgetauscht hätte, was er verneint. Sie fragt weiterhin, ob jemand versucht habe, Kontakt aufzunehmen. B. lacht wieder und sagt, das habe so nicht stattgefunden. 

Die Vorsitzende fragt, ob seine Bekanntschaften außerhalb des Netzes also abgesehen von der Familie gegen null gegangen sein, was er bejaht. Auf die Rückfrage, ob es neben der Kleinstfamilie noch jemanden gab, sagt er ja, es gab noch welche, aber da wolle er nicht drüber reden und habe selten Kontakt. Zu Familienfeiern sei er hingegangen.

Die Vorsitzende fragt, ob es Streit mit den Eltern gegeben hätte. Der Angeklagte lacht und sagt: “Natürlich”. […]

B. sagt, seine Eltern hätten sich sehr Sorgen gemacht. Ob sie das artikuliert haben, fragt die Vorsitzende, was B. bejaht. […] Die Vorsitzende fragt nach dem Beruf seiner Eltern, B. antwortet, seine Mutter sei Lehrerin und sein Vater würde als Dienstleister für Rundfunk/Fernsehen arbeiten. […] Die Mutter unterrichte an der Grundschule, sagt B. Auf die Frage, welche Fächer sie unterrichten würde, antwortet B.: Ethik.

Die Vorsitzende fragt, ob er Ethik gehabt habe und wenn ja, wie lange. B. antwortet, das wisse er nicht aus dem Kopf, aber es müsste ab der 7. Klasse gewesen sein. Die Vorsitzende kommt darauf zurück, dass seine Eltern sich Sorgen gemacht und ihn unterstützt hätten. Sie fragt, mit welchen Beträgen. B. gibt an, sie hätten seinen Lebensunterhalt und seine Krankenversicherung bezahlt.

Auf die Frage, was er im Monat gebraucht habe, antwortet er mit: “Keine Ahnung”. Er habe möglichst wenig verbraucht. Die Rückfrage der Vorsitzende, ob er bescheiden sei, bejaht er. 

Ob das Internet nicht auch Kosten verursacht habe, fragt die Vorsitzende. […] Er benutze technische Geräte sehr lange, bis sie kaputtgehen, sagt B. Die Vorsitzende erfragt, woher er sein technisches Grundverständnis habe und ob er es vom Vater habe. Dies bejaht B., aber sagt, er habe es sich größtenteils selbst angeeignet.

Die Vorsitzende fragt wie sein Leben verlief und ob es von Jahr zu Jahr gleich war oder es eine Art Cut gab. B. gibt an das hätte es gegeben, die Flüchtlingskrise 2015. Die Vorsitzende fragt nach was, das Problem gewesen sei. 

Millionen Araber seien nach Deutschland geströmt und hereingelassen worden, sagt B.

Wie viele Flüchtlinge seien in seinem Heimatdorf gewesen, fragt die Vorsitzende. Plötzlich seien sie da gewesen, sagt der Angeklagte. Ob ihn dies beeinträchtigt habe, will die Vorsitzende wissen. Zögerlich antwortet B.: “Ich denke, ja”. […] Die Vorsitzende sei “vielleicht noch nie von einem Muslim dumm angemacht worden”, sagt der Angeklagte – er schon. Ob er zuvor denn noch nie angemacht worden sei, fragt die Vorsitzende. Nicht in dem Umfang, sagt B. Wie es in der Schule war, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte antwortet, er sei kein beliebter Schüler gewesen. Ob es Hänseleien gegeben habe, fragt die Vorsitzende, worauf B. antwortet: “Ein paar”. Was der Aufhänger gewesen sei, will die Vorsitzende wissen. Der Angeklagte antwortet, er denke, Grund sei seine “geringe soziale Stellung” gewesen. Warum er von dieser sozialen Stellung ausgehe, fragt die Vorsitzende und verweist auf die Berufe der Eltern. B. lacht und verweist auf Gruppendynamiken.

Ob er unbeliebt gewesen sei, fragt die Vorsitzende. “Richtig”, antwortet B. Er solle erklären, warum er unbeliebt gewesen sei. B. lacht. […]

Ob er jemandem erzählt habe, dass er sich unwohl gefühlt habe, fragt die Vorsitzende. Nein, das habe er nicht, sagt der Angeklagte. Die Vorsitzende will wissen, ob er jemand sei, der über seine Probleme nicht rede. B. antwortet: “Eher nein”. Er habe kein Interesse daran.

Die Vorsitzende verweist zurück auf das Jahr 2015. Sie verstehe nicht, wie Menschen, die aus anderen Ländern kommen, den Angeklagten in seinem damaligen Wohnort beeinträchtigt hätten. B. lacht. […] Wie viele Flüchtlinge seien dann hinzugekommen, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte fragt gereizt, woher er das denn wissen solle.

Ob es ein Flüchtlingsheim in seiner Umgebung gegeben hätte, fragt die Vorsitzende, was B. verneint. Die Flüchtlinge seien dezentral untergebracht worden; in “Kommunistenhäusern”, fügt er hinzu. Der Angeklagte sagt, sie seien “Eroberer aus dem muslimischen Kulturkreis”.

Ob er dumm angemacht wurde, will die Vorsitzende wissen.

Er sei “drei Tage vor der Tat von drei Negern an die Seite gedrückt” worden in der Bahn, sagt B. aufgebracht. Von drei “Dunkelhäutigen”, fragt die Vorsitzende? “Ja”, sagt B.

Das passiere, dass man angemacht wird, sagt die Vorsitzende.

Sie würden sich “wie die Eroberer, die sie sind,” benehmen, sagt B. […]

Die Vorsitzende sagt, der Angeklagte habe ja nicht so viel Erfahrung mit vielen Menschen und fragt, ob ihn viel ängstigen würde. B. antwortet, er sei wütend. Über Jahrhunderte habe man “sein Land verteidigt”. Jetzt würden “die Feinde ins Land gelassen, ohne Widerstand”. Die Vorsitzende unterbricht den Angeklagten und fragt, wo sein Name herkomme. Aus Elsass-Lothringen, antwortet B. Der Name hätte einen “hugenottischen Hintergrund”, vermutet die Vorsitzende. Er sei französisch. Er würde “rote Haare” bedeuten, was eine “rassistische Bezeichnung” sei, sagt B. 

Wenn man bei dem Angeklagten recherchieren würde, könnte man vermutlich eine Fluchtgeschichte finden, sagt die Vorsitzende. […] Die Vorsitzende unterbricht den Angeklagten und sagt, der Angeklagte könne das in Ruhe nachlesen. […] Die Vorsitzende habe ihm vorhin verboten das Wort “Neger” zu sagen, sagt B. […] Die Vorsitzende merkt an, sie solle die Eltern des Angeklagten sowie seine Schwester abladen, da diese keine Aussage machen wollen. Ob diese von seiner Tat belastet wären, fragt sie den Angeklagten.

Ja, sie seien sehr durch seine Tat belastet, sagt B. Der Angeklagte sagt, er sei “eine Person am unteren Rand der Gesellschaft”. Wenn “Fremde kommen, rutsche [er] raus”. Er sei durch seine Krankheit bereits “rausgerutscht”, entgegnet die Vorsitzende. Er habe keine Pläne und keine Ziele gehabt. Das hätte nichts mit Flüchtlingen zu tun gehabt, sagt sie.

“Doch, sehr”, sagt der Angeklagte. […] Der Angeklagte sagt “Muslime und Araber” seien “in alle Dörfer gedrängt” worden. Die Vorsitzende sagt, sie habe verstanden, dass der Angeklagte ein Problem mit diesen gehabt habe. […]

Er habe sich erstmals 2015 angefangen zu bewaffnen – “aus Selbstschutzgründen”, sagt der Angeklagte. Im “Sommer 2015”, fügt er hinzu. […] Er habe ein Gewehr im Internet gekauft, sagt B. Ob er dies bei der Tat dabei gehabt habe, fragt die Vorsitzende. “Ja, aber nicht verwendet”, antwortet der Angeklagte. Bestimmte Dinge seien der “Einziehung unterlegen”, sagt die Vorsitzende. Er würde nicht freiwillig auf irgendwas verzichten, sagt B. Diese seien jetzt sichergestellt, sagt die Vorsitzende. Was der Angeklagte sich vorstelle, was mit den Dingen passieren solle, fragt die Vorsitzende. Er würde sie seiner Familie übergeben, damit sie diese verkaufen könnten, “als kleine Wiedergutmachung”, sagt B.

[XXX, Es geht um die Beschaffung der Waffen im Internet, Anm. Democ.].

Er habe viel sparen und viel verkaufen müssen, sagt der Angeklagte. Er habe nach und nach alles verkauft, was er nicht brauchte, sagt der Angeklagte.

Was er verkauft habe, fragt die Vorsitzende. “Alle möglichen Sachen”, darunter Spielzeug und Elektronik antwortet B. […]

Ob die Mutter des Angeklagten, sein Zimmer sauber gemacht habe, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte sagt, dass sein Zimmer immer abgeschlossen gewesen sei. Die Mutter habe keinen Schlüssel gehabt. Die Vorsitzende fragt, ob es andere Räume gab, die der Angeklagte alleine genutzt hat und auf die nur er Zugriff gehabt habe. Sein ehemaliges Kinderzimmer im Haus seines Vaters, antwortet B. Er habe es verwendet, um “ursprünglich” Möbel zu lagern.

Ob nur er einen Schlüssel gehabt habe, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte verneint. Es stehe leer, aber sein Vater würde dort nicht hineingehen. Er wolle da nichts, sagt B. […]

“Ein paar Sachen von mir”, hätten noch im Keller gestanden und Werkzeug, das er verwendet habe, habe er im Schuppen seines Vaters stehen lassen. Die Vorsitzende fragt, ob man daraus Bezug zur Herstellung von Waffen ziehen konnte, was B. verneint.

Wo der 3D-Drucker stand, fragt die Vorsitzende. Er habe im ehemaligen Kinderzimmer bei seinem Vater gestanden. Ob der Vater B. angesprochen habe, wozu er diese Geräte brauche, fragt die Vorsitzende. Der Vater des Angeklagten habe es als Spielzeug empfunden, sagt B. Sei der Vater nie dazu gekommen, fragt die Vorsitzende, was der Angeklagte verneint. […] Die Vorsitzende spricht die Waffen an.

[XXX, der Angeklagte stellt dar, welche Waffen er besaß, Anm. democ.]

Was er sich dabei gedacht habe, als er die Waffe gekauft habe, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte antwortet: “als Selbstverteidigungswaffe”. “Gegen?”, fragt die Vorsitzende, worauf der Angeklagte mit “Muslime und Schwarze” antwortet.

[XXX, es geht um Bau und Beschaffung von Waffen, Anm. democ.]

Wann er festgestellt habe, dass er keine Waffen kaufen könne, fragt die Vorsitzende. 

Es sei “Herbst bis Winter 2015” gewesen, also “nach der großen Flüchtlingskrise, nach den Aufnahmen in der Tagesschau” antwortet B. […] Er habe im Internet Pläne gefunden, wie er eine Waffe bauen könnte, sagt der Angeklagte. Er wollte dies dann ausprobieren. […]

Sein Vater habe relativ viel Werkzeug, was er nutze könne, wenn der Vater nicht da sei, sagt der Angeklagte. B. sagt, er habe nicht viel selber kaufen müssen, was praktisch gewesen sei. Sein Großvater sei gestorben und er habe sich alle Werkzeuge genommen, die funktionierten, sagt der Angeklagte. […] Die ersten Pläne habe er aus dem Internet genommen, sagt B. Dann habe er angefangen selbst zu entwerfen. Ob er sich mit anderen darüber ausgetauscht habe und auf welcher Plattform, fragt die Vorsitzende. Er habe sich “anonym mit Leuten darüber unterhalten”, antwortet B.

Also gäbe es Gleichgesinnte, fragt die Vorsitzende, was B. bejaht. Es würde “natürlich nicht gesagt, man baut eine illegale Waffe”, sagt der Angeklagte.

Die Vorsitzende fragt, ob dies das “Darknet” gewesen sei. “Auch im Darknet”, dort gäbe es jedoch “wenig Traffic”, sagt B. Er habe 2016 angefangen, Waffen zu bauen, fragt die Vorsitzende, was B. bejaht. Es seien acht Waffen sichergestellt worden, sagt die Vorsitzende. Der Angeklagte bejaht. Über welchen Zeitraum er die Waffen gebaut habe, fragt die Vorsitzende. Er habe mit Unterbrechung drei Jahre gebraucht, sagt B. Er habe nur arbeiten können, wenn sein Vater nicht gewesen wäre und er Motivation gehabt habe.

[XXX, Angaben zu Waffen, Ausrüstung und Munition, Anm. democ.]

Die Vorsitzende fragt, ob er diese Artikel im Internet gekauft habe, was der Angeklagte bejaht. Ob er seinen Wohnort verlassen habe, fragt die Vorsitzende. “Ja”, aber er habe sich dafür das Auto seiner Mutter leihen müssen oder mit Bus bzw. Bahn fahren, sagt B. Er habe wenig Geld gehabt und sei selten gefahren.

[XXX, Angaben zu Bezugsquellen für Waffen, Anm. democ.]

Die Vorsitzende fragt, ob er auch etwas anderes gemacht habe. Er sei durch den Wald gelaufen, sagt B. Sonst habe er nichts unternommen. […]

Würden sie sich als einen einsamen Menschen bezeichnen, fragt die Vorsitzende. B. bejaht und sagt, “er denke schon”. Wie es ihm dabei gehe, fragt die Vorsitzende. Nach kurzer Pause antwortet B.: „suboptimal“. Die Vorsitzende fragt, ob er sich mehr soziales Umfeld gewünscht habe, was B. bejaht.

Ob er keine Möglichkeit gesehen habe, fragt die Vorsitzende. Das sei richtig, antwortet B.

Die Vorsitzende sagt, er hätte sich einer Gruppierung anschließen können.

“Nein”, sagt B. energisch, das seien „alles Verfassungsschutzleute“. Er sagt, er habe keine Angst, dass Gruppierungen von Verfassungsschutz unterwandert seien. Fast jede Gruppierung, die sich dafür einsetze, „dass Europa weiß bleibt“, sei „vom Verfassungsschutz unterwandert”. […]

Die Vorsitzende fragt, wann er sich entschieden habe, seine Tat umzusetzen. Nach dem Anschlag in Christchurch in Neuseeland, sagt B. Die Vorsitzende fragt, was er daran spannend gefunden habe. B. sagt, es habe sich ein „weißer Mann“ gewehrt, obwohl er gewusst habe, dass er „nicht gewinnen“ könne. Der Mann habe es selbst in die Hand genommen. Dem Mann sei egal gewesen, was andere über ihn sagen. Man könne sich auch fragen, was „der weiße Mann“ in Neuseeland mache, sagt die Vorsitzende.

B. sagt, die mächtigste und stärkste Gruppe besiedle die Region. Das wichtigste sei, sich auszurüsten und zu kämpfen.

[XXX, Angaben zu den Waffen, Anm. democ.]

Die Vorsitzende sagt, der Angeklagte habe die ganze Zeit von Muslimen gesprochen. Warum habe er die Synagoge gewählt, fragt sie. B. seufzt, holt Luft und sagt, die Juden seien die „Hauptursacher am weißen Genozid“. Sie würden eine „neue Weltordnung errichten“ wollen.

Die Vorsitzende unterbricht den Angeklagten: „Herr B.“ B. sagt weiter: “[unverständlich] in einer Weltstadt [unverständlich] Protokolle [unverständlich].” Die Vorsitzende unterbricht und sagt: „Das stoppe ich jetzt“.

Sie fragt, wann der Angeklagte auf die Idee gekommen sei, seine Aggressionen „nicht nur gegen Muslime, sondern auch gegen Juden“ zu richten. B. sagt, die Juden seien die Organisatoren und seien dies auch 2015 gewesen. Ob es auch schon damals Thema war, fragt die Vorsitzende. Es sei nach und nach gekommen, sagt B. Damals sei nur das Bild der Muslime, die das Land erobern würden, präsent gewesen. […]

Die Vorsitzende fragt, wie es mit Christen sei. B. sagt, „diese semitische Weltsicht, diese Religion“ sei aus der Vorstellung, dass alle Menschen unter Gott gleich seien, „einer der Hauptgründe“, warum „die Muslime und die Schwarzen“ sich ansiedeln könnten.

Die Vorsitzende fragt, ob er meine, dass ihre bzw. unsere christliche Weltordnung „Ursache allen Übels“ sei. B. sagt dies sei nicht seine, sondern ihre Weltsicht, was die Vorsitzende bejaht. Er sagt, sie sei „nicht Ursache allen Übels“, sie würde aber zu einer „multikulturellen Entwicklung“ führen.

Die Vorsitzende verweist auf die Hugenotten und den möglichen Fluchthintergrund der Urgroßeltern des Angeklagten. B. lacht. […] Er habe kein Problem mit Religion, er habe ein Problem mit “Semitismus”, sagt B. […] Der Angeklagte sagt, das Judentum sei sowohl “ein Glaube, als auch eine Abstammung”. Die Vorsitzende fragt, warum er eine Synagoge und keine Moschee ausgewählt habe. B. sagt, es sei die Frage, ob man „das Symptom oder die Ursache bekämpfen“ wolle. Wann der Entschluss gekommen sei, die Synagoge anzugreifen, fragt die Vorsitzende. April bis Mai letzten Jahres [2019], sagt B. Ob er mit irgendjemandem darüber gesprochen habe, fragt die Vorsitzende. „Nein, selbstverständlich nicht“, sagt der Angeklagte. Die Vorsitzende, fragt, ob er darüber mit jemandem im Internet gechattet habe. Er habe es niemals angekündigt, sagt B. [XXX, bewertet eigenes Vorgehen, Anm. democ.] Es sei Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, gewesen. Das sei der Tag „an dem die Juden für das nächste Jahr schon mal beten, dass sie sich nicht an Verträge halten“ müssten, sagt der Angeklagte. [XXX, Details zur Tatplanung, Anm. democ.]

Der Angeklagte sagt, dass er die Waffen und Ausrüstung bereits vorher gehabt habe, da er zuvor die Idee hatte, eine Moschee anzugreifen. 

[XXX, B. führt Vorbereitung und Wahl seines Angriffsziels aus, Anm. democ.]

Im Haus seines Vaters habe er sich umgezogen, sagt B. Sein Vater sei nicht anwesend gewesen. Er denke, er sei um 11 Uhr losgefahren und um kurz vor 12 Uhr in Halle angekommen, so der Angeklagte. Er sei “dummerweise” durch die Innenstadt gefahren. […] Der Angeklagte sagt, er sei auf die Türen fokussiert gewesen und habe gehofft, dass um 12 Uhr eine Pause sei. [XXX, B. führt Überlegungen zur Tat aus, Anm. democ.]

Ob er gedacht habe, dass er gesehen werden würde, fragt die Vorsitzende. Das wäre ihm egal gewesen, sagt B. Er sei in “voller Montur” ausgestiegen. […]

[XXX, Details zur Tatdurchführung, Anm. democ.]

Die Vorsitzende fragt, ob er dies mit einer zweiten Person als Assistenz hätte machen können. B. lacht und sagt, er “kenne niemanden gut genug, um mit dem einen Terroranschlag durchzuführen.” […]

Die Vorsitzende sagt, man sehe auf dem Video, dass der Angeklagte nicht in die Synagoge hereinkomme und man sehe, dass er frustriert sei. B. bejaht und sagt, das “Stresslevel” habe angefangen. Er habe es gefilmt und dann versage er. […]

Warum er die Tat live gestreamt habe, fragt die Vorsitzende. Weil die Übertragung, die Aufnahme wichtiger sei, als die Tat an sich, sagt B. […]

Es gehe darum anderen zu zeigen, dass diese nicht alleine seien, so der Angeklagte. Man müsse zeigen, dass es andere Leute gäbe, die bereit wären, zu kämpfen. […]

Wann er Frau Jana L. wahrgenommen habe, fragt die Vorsitzende.

Er wisse nur, dass jemand ihn von der Seite “angeredet”, “angeschnauzt” habe, sagt B. 

Ob er sich an die Worte erinnern könne, fragt die Vorsitzende. B. sagt, er könne sich nicht genau erinnern. Es habe etwas wie, “wenn ich hier vorbeilaufe” gehört. Die Vorsitzende fragt, als was er die Stimme identifiziert habe und ob diese hallisch, hochdeutsch bzw. ein Dialekt gewesen sei. B. lacht und sagt, er habe das in diesem Moment nicht mitbekommen. Er habe die Waffe angelegt und abgedrückt. […] 

Die Vorsitzende sagt, dass man im Video sehen würde, dass die Frau ihm bereits den Rücken zugewandt habe. B. lacht. […] Er könne nichts dafür, dass sie ihn beleidigt und sich dann weggedreht habe. “Naja, mich angeschnauzt” habe, sagt B. Die Vorsitzende sagt, dies sei für einen Unbeteiligten, der Krach mitbekommt, nachvollziehbar. Der Angeklagte verneint und sagt, er schnauze in der Regel keine Unbeteiligten an. […] Die Frau sei weitergegangen, sagt die Vorsitzende. Sie frage sich, warum der Angeklagte auf Frau L. geschossen habe. B. sagt knapp: “Kurzschlussreaktion”. Das sei ein großes Problem. Der Angeklagte sagt: “Hätte ich es nicht gemacht, hätten mich alle ausgelacht.” Wer ihn auslachen würde, fragt die Vorsitzende. Alles was reichen würde einen Rechten zu stoppen, sei ein dummer Kommentar, sagt B. Ob der Angeklagte sich als einen Rechten bezeichnen würde, fragt die Vorsitzende. Er würde dies nicht unbedingt, aber andere würden das so sehen, sagt B. […]

Die Vorsitzende hält B. vor, er habe nicht gewusst, wie Frau L. sei. Diese habe vielleicht eine ähnliche Einstellung gehabt. B. sagt, es sei eine Kurzschlussreaktion gewesen. […]

Die Vorsitzende fragt, warum er ein weiteres Mal auf Frau L. geschossen habe. “Zur Sicherheit”, sagt B. Man müsse es durchziehen, sagt der Angeklagte.

Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte Frau L. habe töten wollen. Sie habe direkt vor seiner Autotür gelegen, sagt B. Der Angeklagte sagt, die Frau hätte ihn beim Einsteigen “ergreifen” bzw. entwaffnen können. Ob Frau L. aussah, als ob sie den Angeklagten hätte “ergreifen” können, fragt die Vorsitzende.

B. stammelt: Es habe einen “weißen Krieger” gegeben, der in Norwegen eine Synagoge angegriffen habe und von einem 70-Jährigen entwaffnet wurde. […] Hätte sie nichts gesagt, wäre es ihm egal gewesen. B. sagt, wenn man etwas anfange, müsse man es auch zu Ende bringen.

Ob er die Lebenszeichen von Frau L. geprüft habe, fragt die Vorsitzende, was B. verneint. 

“Nochmal ein Magazin rein”, dann sei es sicher, sagt der Angeklagte. Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte sich erinnern könne, die Frau beleidigt zu haben, was B. bejaht und sagt, er habe sie “Schwein” genannt. […] Es sei das Erste, was ihm einfiel und sei “unterbewusst” abgelaufen. Es sei nicht geplant gewesen, sie zu erschießen, sagt B.

Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte kein Mitleid habe. Es tue ihm sehr leid, dass er sie erschossen habe, sagt B. und pausiert. Es sei nicht geplant oder gewollt gewesen.

Die Mutter von Frau L. hätte als Nebenklägerin auftreten können, sagt die Vorsitzende. Sie habe sich jedoch von ihrem Anwalt getrennt. Sie gehe davon aus, dass es ihr “unglaublich schlecht” gehe. Der Angeklagte solle daran denken, wie es seiner Mutter gehen würde, wenn er so erschossen worden wäre. “Unglaublich schlecht” wäre es seiner Mutter ergangen, sagt B. Die Vorsitzende stimmt zu. Der Mutter von Frau L. gehe es auch so. Ihre Tochter sei dort langgegangen und habe lediglich etwas gesagt. Die Vorsitzende hätte in dieser Situation auch etwas gesagt, sagt sie. Dann würde sie dort auch liegen. Das nenne man Mitleid bzw. Empathie, sagt die Vorsitzende. Ob der Angeklagte das im Nachhinein auch so sehe. B. sagt, er würde das bereuen. Er habe “viele Weiße angeschossen”. Das habe er nicht gewollt. Man wisse nicht, welchen Hintergrund Frau L. habe, sagt die Vorsitzende.

B. und die Vorsitzende sprechen durcheinander. Die Geschichte werde aktiv umgeschrieben, sagt B. Er habe kein modernes Geschichtsbuch im Gefängnis erhalten. Er habe sich viel mit Geschichte beschäftigt, sagt der Angeklagte. […]

[XXX, nach einer entsprechenden Frage der Vorsitzenden führt B. seinen Versuch aus, in die Synagoge einzudringen, Anm. democ.]

B. sagt, vor der Synagoge sei eine Person gewesen. Er habe gehofft, dass diese Person aus der Synagoge sei. Er habe versucht, zweimal auf ihn zu schießen. Es habe jedoch Ladehemmungen gegeben, sagt der Angeklagte. Die Person sei dann weggefahren.

Warum er auf die Person geschossen habe, fragt die Vorsitzende. Er habe vermutet, dass er “ein Jude aus der Synagoge” sei, sagt B. Die Vorsitzende fragt, ob er den Mann habe töten wollen. Der Angeklagte antwortet knapp: “Ja”. […]

Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte eine weitere Frau, Mandy R., wahrgenommen habe. Er habe sich umgeschaut, aber nicht abgedrückt, sagt B. Er habe erneut Ladehemmungen gehabt. Die Vorsitzende sagt, der Angeklagte habe auf die Frau gezielt. B. sagt, er habe gezielt, denn “es hätte ja auch ein Schwarzer sein können”. Dann hätte man abdrücken können, sagt der Angeklagte. Ob er die Frau verfolgten wollte, fragt die Vorsitzende, was B. verneint und sagt, er habe in die Synagoge gewollt.

[XXX, B. beantwortet ausführlich Fragen zu seinen Waffen, Anm. democ.]

Die Vorsitzende fragt, was B. in der Synagoge habe tun wollen. “Gegen meine Feinde, die Juden”, sagt der Angeklagte. Wie genau das hätte passieren sollen, fragt die Vorsitzende. 

[XXX, B. beantwortet Fragen zu Tathergang und -vorbereitung, Anm. democ.]

Ob er wisse wie viel Menschen in der Synagoge sein werden, fragt die Vorsitzende. B. verneint. Er habe nicht gewusst, ob die Synagoge genutzt wurde. Es hätte auch ein Denkmal sein können. Es sei schade, dass der Angeklagte die Synagoge nicht z. B. am Tag des offenen Denkmals die Synagoge besucht habe, sagt die Vorsitzende. B. sagt, dafür habe er keine Zeit gehabt. Dann hätte er sich mit den Dingen beschäftigen können und nicht mit dem Menschentöten, sagt die Vorsitzende. […]

Die Vorsitzende fragt, wann klar gewesen sei, dass B. es nicht schafft.

[XXX, B. spricht u. A. ausführlich über seine Waffen, Anm. democ.] 

Die Vorsitzende fragt, was er sich dabei gedacht habe und was in ihm vorging. Er habe sich “global lächerlich gemacht”, in einem “unglaublichen Maß”, sagt der Angeklagte. Ob er sich als Versager fühlte, fragt die Vorsitzende. B. lacht und fragt: “Fühlten?”. Dies sei “offensichtlich” so, sagt der Angeklagte. 

Die Vorsitzende fragt, ob er an die tote Frau L. gedacht habe, was B. verneint. Unter Adrenalin denke man keine komplexen Gedankengänge. Es funktioniere “unterbewusst”, sagt B. B. sagt, er habe eine Person erschossen, die nicht zu seinen Feinden gehöre. Er sei an der Synagoge gescheitert und die Polizei sei informiert worden. Zusätzlich sei sein Fahrzeug zerstört worden. Er habe gehofft, die Straße runter rollen zu können, um in die Innenstadt zu kommen “die immer voller Muslime und Neger” sei, sagt B. […] Er habe dort gegen seine Feinde vorgehen wollen – gegen das Symptom und nicht die Ursache, sagt der Angeklagte.
Wann er erkannt habe, dass es sich um einen Döner-Imbiss handelte, fragt die Vorsitzende.

Kurz davor, antwortet B. Ob der Angeklagte selbst einmal in einem Döner-Imbiss gewesen sei, fragt die Vorsitzende. B. bejaht und sagt, er sei als 18-Jähriger in einem gewesen. Was für Menschen dorthin gehen, fragt die Vorsitzende. Der Angeklagte antwortet, es seien größtenteils Menschen, die kein Problem mit Muslimen hätten. Die Vorsitzende fragt, ob die Schwester des Angeklagten kein Problem mit Muslimen habe. Er befürchte es, sagt B. Ob er durch die Schwester wisse, dass in einem Döner-Imbiss viele Menschen seien, fragt die Vorsitzende. Das habe sich seit der “Flüchtlingskrise” geändert, sagt B. […]

Im Imbiss seien der Mitarbeiter Herr T. sowie Besucher gewesen, sagt die Vorsitzende. 

B. bejaht und sagt “natürlich”, er fragt, worauf sie hinaus wolle. Sie antwortet, sie wolle darauf hinaus, wie es kam, dass er Muslime töten wollte und er Herrn S. getötet habe, sagt die Vorsitzende.

[XXX, B. macht Angaben zum Tatablauf, Anm. democ.]

Die Vorsitzende sagt, Frau W. sei unmittelbar in der Nähe gewesen. Die Frau habe einen Nagel abbekommen, sagt B. Es tue ihm “sehr leid”. Er sei “zu dumm” gewesen, die Granate zu schmeißen. Die Vorsitzende sagt, es sei “nicht normal”, dass eine “unbeteiligte Dame” unterwegs sei und dann passiere so etwas. Natürlich könne sowas passieren, sagt B. […]

RA Hoffmann, Vertreter der Nebenklage, bittet um eine Pause. Die Vorsitzende Mertens unterbricht die Sitzung für 45 Minuten. Nach etwa einer Stunde wird die Sitzung fortgesetzt. 

Die Vorsitzende Richterin stellt die Anwesenheit der Beteiligten fest und setzt die Vernehmung von B. fort. Wie viele Personen er wahrgenommen habe, fragt die Vorsitzende. B. sagt, eine Person habe an der Tür gestanden. Dieser habe “muselig” [schwer verständlich] ausgesehen. Auf diesen habe er geschossen. […] Der Angeklagte sagt, die Waffe habe geklemmt. Links habe eine Person gesessen. Er habe “zwei, drei, vier” mal abgedrückt. Er wisse nicht, wie oft. Der Mann sei nach hinten gerannt, sagt B. […] Der Angeklagte sagt, der Mann auf der linken Seite sei über die Treppe geflohen. 

[XXX, B. macht Angaben zu seinen Waffen, Anm. democ.] 

Er habe ein oder zwei Menschen bei den Kühlschränken gesehen, sagt der Angeklagte. B. sagt, er sei größtenteils beschäftigt gewesen, die “Lage zu klären”. Der Angeklagte spricht von “schwarzen, krausen Haaren” und sagt, er sei davon ausgegangen, dass die Person im Döner-Imbiss ein Muslim sei. […]

Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte gesehen habe, dass eine Person recht jung war.

B. sagt, dieser habe das Alter der “meisten Muslime hier” gehabt. Die Vorsitzende drückt ihr Unverständnis aus. Der Angeklagte sagt, wenn man nur Millisekunden habe, müsse man Entscheidungen treffen – “ist das einer oder nicht?”. Er sei davon ausgegangen, dass es “wahrscheinlich einer” sei, sagt B. […] B. sagt, er möchte anmerken, dass niemand auf die Idee gekommen sei, ihn “wegzutackeln” [um zu stoßen]. Er hätte sich an der Stelle der Angegriffenen “weggetackelt”. […]

Die Vorsitzende sagt, Herr B. sei arbeitsunfähig und es gehe ihm sehr schlecht. […] Das Problem sei, dass der Angeklagte nicht so viel mit Menschen zusammen gewesen sei, sagt die Vorsitzende. […]

B. sagt, er glaube, die Vorsitzende war “noch nie in so einer Situation”. Anwesende im Gerichtssaal lachen. Bei “so einer Aktion” höre man keine Akzente raus, sagt B.

Ob der Angeklagte in einem Rausch gewesen sei, fragt die Vorsitzende.

Er sei in einem typischen Adrenalinrausch gewesen, aber so habe er das noch nie erlebt, sagt B. Die Vorsitzende sagt, dass der Angeklagte noch nicht viel erlebt habe, wenn er zurückgezogen gelebt habe. […]

B. sagt, keiner würde etwas machen. […] Der Angeklagte sagt, dass die Identitäre Bewegung sich “explizit mit der Grundlage gegründet” hätte, “keine Gewalt anzuwenden”. Diese seien bereits als extremistisch eingeschätzt worden. Das bedeute, es gäbe keinen friedlichen Weg. […] Er lebe bereits in einem Dorf in Ostdeutschland und wisse nicht, wo er sonst hingehen solle.

Sie habe viele Menschen verurteilt, sagt die Vorsitzende. Viele Muslime seien nicht dabei gewesen. […]

[XXX, B. macht Angaben zu Waffen, Anm. democ.]

B. sagt, er habe auf jemanden geschossen. Es habe sich um einen Muslim handeln müssen. Dieser sei “relativ dunkel” und vermutlich aus den Maghreb-Staaten gewesen.

[XXX, B. beschreibt technisch und detailliert seine Handlungen, Anm. democ.]

Die Vorsitzende sagt, der Angeklagte sei mit einer Pistole erneut in den Döner-Imbiss, um Herr S., den “gedachten Muslim, zu erschießen”. Der Angeklagte sagt, er habe ihn angeschossen und dachte, er hätte ihm ins Gesicht geschossen. Die Vorsitzende sagt, im Video sei zu hören, dass B. sage, “der ist ja immer noch nicht tot”. B. sagt, dies sei “unterbewusst” passiert. Man müsse “das halt schnell entscheiden”, sagt B. und lacht. 

[XXX, B. macht Angabe zu Tatgeschehen, Anm. democ.] Die Vorsitzende fragt, was der Plan des Angeklagten war, als der den Döner-Imbiss verließ. Der Angeklagte antwortet, dass er “möglichst viele Muslime und Schwarze auf der Straße” töten wollte und sich dann selbst erschießen wollte. […]

Die Vorsitzende sagt, B. habe ein Polizeiauto gesehen und dies als Bedrohung wahrgenommen. B. sagt, er habe einen “großen Fehler” begangen, da er nicht näher ran gerollt sei. Ob B. Angst gehabt habe, fragt die Vorsitzende. B. lacht und sagt, es werde einem schon “leicht mulmig”. […] Entweder er werde gewinnen oder sterben, sagt B.

Ob er Angst gehabt habe, zu sterben, fragt die Richterin. “Mögen” tue er es nicht, sagt B. Er sei nicht suizidal. […] Er wollte seinen Feind bekämpfen, sagt der Angeklagte. […]

Die Vorsitzende fragt, ob er frustriert gewesen sei. B. sagt, er habe “relativ stark versagt”. Er habe “keine suizidalen Absichten” gehabt, weil er die Möglichkeit gesehen habe, “die Lage zu drehen”, sagt B. 

[XXX, Der Angeklagte gibt Details zur Tatplanung und technischen Umsetzung an, Anm. democ.]

Die Vorsitzende stellt Frage, wie B. von der Polizei angeschossen worden sei: Es sei schwarz geworden, sagt B. Er habe gedacht, dass er jetzt tot sei. Nach ein paar Sekunden sei es wieder hell geworden. Sein Gehirn habe nicht richtig funktioniert. B. sagt, er habe starke Schmerzen im Nacken gehabt. Er habe die Befürchtung gehabt, dass er im Nacken getroffen wurde. Von da sei “viel unterbewusst” gelaufen, sagt B. Er habe die Waffen genommen und sei weggefahren. Er könne sich nicht erinnern, ob er die Zündung angemacht habe. […] Er sei noch einmal an der Synagoge vorbeigefahren. Er hätte dies nicht gemacht, wenn ihm bewusst gewesen wäre, wo er lang fahren würde.

Er habe mehrere Überholmanöver unternommen, sagt B. Alles sei relativ anstrengend gewesen. Es sei ihm schwammig geworden. […] B. sagt, er “habe auch einen Schwarzen angefahren” und lacht. Er hätte “erstmal kein Problem,” hätte er “ihn direkt erwischt”. Seinem Ziel hätte dies entsprochen. Das Problem sei gewesen, dass er “komplett weg war in den Gedanken”, sagt der Angeklagte. Die Vorsitzende erwähnt einen Zusammenstoß mit einem Taxi. B. sagt, dass dort zwei Männer gestanden hätten. Einer – der vordere – sei schwarz gewesen. […] Der Angeklagte sagt, dass er gesehen habe, “dass es ein Schwarzer war”. Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte auf ihn zugehalten habe. B. sagt, dass die Bordsteinkante sehr hoch gewesen sei und er nicht “rüber ziehen“ wollte. Wenn diese niedriger gewesen wäre, “hätte ich rüber gezogen”, sagt B. Aber er habe sich nicht gefährden wollen. Er sei weitergefahren und habe sich normal in den Verkehr eingeordnet, sagt B.

Ob er Verkehrsschilder wahrgenommen habe, fragt die Vorsitzende. B. verneint. Das Auto sei kaputt gewesen und deswegen unberechenbarer gefahren, sagt B. Am Anfang und als er erneut an der Synagoge vorbeigefahren sei, habe er Sirenen wahrgenommen. Er sei aus Halle heraus, auf die Landstraße gefahren. Vermutlich dort sei der zweite Reifen geplatzt, sagt der Angeklagte. 

[B. beschreibt detailliert, wie schnell er wann gefahren ist.]

Er habe ein Polizeiauto vor einem Gebäude gesehen. Es sei “zum Glück niemand da” gewesen. 

[XXX, B. macht Angaben zum Ablauf der Flucht, Anm. democ.]

B. sagt, er habe auf der Hinfahrt geschaut und gesehen, dass der Stream gesperrt war. Das sei “schlecht”. “Die Übertragung war viel wichtiger als die Handlung an sich”, sagt der Angeklagte. Die Vorsitzende fragt, ob B. wollte, dass das Video verbreitet wird. B. bejaht. […]

B. sagt, er habe ein Taxi gesehen. Dies sei gut. Er habe eine zweite Person gesehen.

Der Angeklagte spricht zunehmend angeregter. […] Er sei auf einen älteren Mann zugegangen. Ob es sein Auto sei, habe er den Mann gefragt. Er habe gesagt, er solle ihm den Schlüssel geben, sagt B. Der Mann habe verneint. B. sagt, er habe gerufen: “Das ist eine Pistole!” und erneut den Schlüssel gefordert. B. lacht und sagt, er habe erneut gesagt: “Das ist eine Pistole!” und erneut den Mann aufgefordert, den Schlüssel herauszugeben. Er habe keine Zeit, habe er gesagt. Die Vorsitzende sagt, dass sie denkt, dass es dem Mann egal war, dass der Angeklagte keine Zeit hatte. B. kichert. […] B. sagt, er wollte auf das Grundstück des Mannes und weg von der Straße.

Der Angeklagte sagt: “Wenn dich jemand nicht ernst nimmt, bist du kurz davor entwaffnet zu werden. Dann habe ich abgedrückt.” […] B. sagt, er sei Linkshänder. Die Vorsitzende sagt, “angeschossen” höre sich harmlos an und fragt, ob er in am Kopf habe treffen wollen. B. sagt, er wollte, dass der Mann versteht, dass er den Schlüssel geben solle. 

[XXX, B. macht Angaben zur eingesetzten Waffe, Anm. democ.]

Die Vorsitzende sagt, dass sie in ihrer beruflichen Laufbahn mitbekommen habe, dass auf den Körper sehr wenig Leute zielen. […] Die Pistole an den Hals oder Richtung Kopf zu halten, sei “nochmal eine andere Nummer”. 

[XXX, B. macht Angaben zur eingesetzten Waffe, Anm. democ.]

Die Vorsitzende sagt, dass Herr Z. zu Boden gegangen sei. Sie fragt, ob der Angeklagte die Lebensgefährtin wahrgenommen habe. B. sagt, plötzlich sei eine zweite Person aufgetaucht. [XXX, B. macht Angaben zur eingesetzten Waffe, Anm. democ.] Er habe ihr in die Beine geschossen, sagt die Vorsitzende. Die Frau sei auch zu Boden gegangen. Was er wolle, habe die Frau den Mann gefragt, sagt B. Er wolle den Autoschlüssel, habe er gesagt. […] Er habe diese Leute nicht anschießen wollen, sagt der Angeklagte. “Naja”, dies habe er aber getan, sagt die Vorsitzende. B. sagt, es habe ihn “sehr betroffen”, dass er “Weiße angeschossen habe”. Ob er sich geschämt habe, fragt die Vorsitzende. B. bejaht und sagt “ein wenig”. […] Die Vorsitzende fragt, ob er sich Gedanken gemacht habe, dass beide Hilfe bräuchten. B. sagt, die hätten ja noch reden können. Sie hätten eine Schussverletzung gehabt, aber hätten sich noch unterhalten können. Er habe überlegt, was er jetzt mache. Dass sie angeschossen seien, sei “ziemlich schlecht”, aber das bringe ihn da nicht weg. Die Vorsitzende fragt, ob er Mitleid gehabt habe. B. bejaht. Er habe nur den Autoschlüssel gewollt.

Die Vorsitzende sagt, jetzt sei B. zur Werkstatt gegangen und fragt, welche Waffe er dabei gehabt habe. B. sagt, die gleiche Waffe, halb in der Tasche. [XXX, B. macht Angaben zur Waffe, Anm. democ.] Er sei hingelaufen und sei ziemlich aufgelöst gewesen, dass er die angeschossen habe, Er habe eine weinerliche Stimme gehabt, was “ziemlich schlecht” sei, weil ihn so “doch niemand ernst” nehme, sagt der Angeklagte. Die Vorsitzende fragt, ob B. die Pistole auf die Personen gerichtet habe. B. sagt, er könne sich nicht ganz erinnern. Er habe nur ein Auto gewollt, um wegzukommen. Ob er dies kommuniziert habe, fragt die Vorsitzende. Das wisse er nicht ganz, sagt B. 

[XXX, B. macht Angaben zur Waffe, Anm. democ.]

B. sagt, ob er “gefuchtelt” habe, wisse er nicht. Er gehe davon aus. Er habe nur im Kopf gehabt, “wie schief das alles läuft.” Was schiefgelaufen sei, fragt die Vorsitzende. Er habe “zwei Weiße angeschossen”, sagt B. Er habe noch nicht gewusst, dass die Person im Döner-Imbiss “ein Weißer” gewesen sei. B. sagt, er sei “ziemlich fertig” gewesen. Der Rucksack sei schwer gewesen und ein Arm würde nicht mehr funktionieren. […]

[XXX, B. macht Angaben zur Flucht mit dem angeeigneten Auto] 

Der Angeklagte beschreibt die Verfolgungsjagd. B. sagt, ihm sei schwindelig geworden. […]

B. kichert und sagt, es sei ein Polizeiauto von vorne gekommen und er habe überlegt: “Was machste jetzt?!”. […] Er habe keinen Widerstand bei der Festnahme mehr leisten können. […] B. sagt, er habe zwei 50-Euro-Scheine hinterlassen. Er habe das Taxi nicht beschädigen wollen. Die Richterin fragt, was die 100 Euro sein sollten. Er habe ursprünglich die Idee gehabt, eine Taxifahrt zu erzwingen, sagt B. Ob das eine Nutzungsentschädigung gewesen sein soll, fragt die Vorsitzende. B. lacht und bejaht. Die Vorsitzende sagt, dass dies jetzt leider nicht reiche. B. sagt, dass er 500 bis 600 Euro dabei gehabt habe, “für die Zeit danach”. Die Vorsitzende fragt, ob der Angeklagte Hoffnung gehabt habe, nach Hause zurückzukommen. “Absolut nicht”, sagt B. […] Nicht wiedersehen sei das eine – viel schlimmer sei es, was er seinen Eltern damit antue, sagt B. Die Vorsitzende fragt, ob dies vorher klar gewesen sei, was B. bejaht. […] B. spricht vom “Kampf” und “multikulturellen Staat”. Er habe sich entschieden, dass es “keinen anderen Weg gibt, als den Kampf, weil es hier sonst verbraun[en]” würde. Der Zuzug von Flüchtlingen führe “zur Verbraunung der Gesellschaft.” 

Die Vorsitzende fragt, ob er sich in der JVA wohlfühle. B. lacht und verneint. Er bekomme doch Essen und sei versorgt, sagt die Vorsitzende. Es fühle sich so an, als sei man in der BRD in Gefangenschaft, sagt B. […] Nach seinen Regeln müsse man “alles tun, um nicht ausgelöscht zu werden”.

Die Vorsitzende Richterin eröffnet die Fragerunde. Diese solle am darauffolgenden Tag fortgesetzt werden. RA P., Vertreter der Nebenklage, sagt, er fühle sich nicht in der Lage Fragen zu stellen, ohne das Video gesehen zu haben. Die Vorsitzende sagt, das Video werde am nächsten Tag gezeigt werden. Dann könnten die Personen, die das Video nicht sehen wollen, später kommen.

Richter Scholz sagt, der Angeklagte habe sich über seine Grundwehrdienstzeit “despektierlich” geäußert. Er solle versucht haben, sich noch einmal bei der Bundeswehr zu bewerben. B. stammelt und sagt, er habe sich schlecht über das System Bundeswehr geäußert. Es sei “absurd”, “wie ein Staat seine wichtigsten Leute”, die ihn erhalten und beschützen würden, “gängeln” würde. […] Warum er diese Bewerbung zurückgezogen habe, fragt Richter Scholz. Er habe sie aus medizinischen Gründen zurückgezogen, sagt B. Seine Verfassung sei relativ schlecht gewesen. Der Richter fragt, was der Grund der Krankheit gewesen sei und ob dies mit Drogen zu tun gehabt habe. B. verneint und sagt, dies habe damit nichts zu tun. Der Richter sagt, laut einem Gutachten seien Drogen Ursache für die Verletzung gewesen. […]

Die Vorsitzende Richterin Mertens beendet die Verhandlung für diesen Tag. Sie bittet Vertreter der Presse, am nächsten Tag schneller bei der Einlasskontrolle zu sein.

(Veröffentlicht 27. Juli 2020, aktualisiert 13. August 2020)

Protokoll herunterladen: 01_Protokoll_HalleProzess_democ.pdf
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