Angeklagter hortete jahrelang Waffen-Bauteile
Am 25. August 2020 wurde der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle nach einer dreiwöchigen Pause fortgesetzt. An diesem sechsten Prozesstag wurden sechs Angehörige des Bundeskriminalamtes (BKA) – drei davon als Sachverständige und drei als Zeugen – angehört und zu den eingesetzten Waffen und Sprengkörpern befragt. Im Publikum fanden sich auch Rechtsextreme ein.
Die anfänglich befragten Polizeikräfte waren wenig auskunftsfähig: So gaben zwei Polizeibeamte als Zeugen wiederholt an, sie könnten sich zu den Details ihrer Berichte nicht wirklich äußern, da sie nur Ergebnisse ihrer Kollegen zusammengetragen hätten. Die Vorsitzende Richterin Mertens zeigte sich unzufrieden und merkte an, dass könne man in den Berichten entsprechend kenntlich machen, dann hätte sie die Vorladung noch einmal überdacht. Einer dieser Zeugen, Oliver D., hatte im Rahmen der Ermittlungen für das BKA auch zusammengefasst, welche Erkenntnisse zu zwei Brüdern vorlagen, die die Dokumente und Waffenbauanleitungen des Attentäters, u. a. 3D-Druck-Dateien für Waffenteile, nach der Tat online auf 4chan weiterverbreitet hatten. Er sagte, diese Ermittlungen hätten für sie damals keine besondere Rolle gespielt. Die Nebenklage-VertreterInnen Sebastian Scharmer und Kristin Pietrzyk hakten nach, warum das BKA der Verbreitung von Mordaufrufen und Waffenbauanleitungen so wenig Aufmerksamkeit geschenkt hätten und fälschlicherweise in einem Bericht behauptet hätten, rechtsextreme Bezüge der Brüder seien nicht zu erkennen, obwohl eine Verurteilung wegen Volksverhetzung vorgelegen habe.
Dr. Silke Cox, die beim BKA den Fachbereich “Brand und Raumexplosion” leitet, stellte ihr Gutachten bezüglich des versuchten Feuerlegens an der Synagoge durch den Angeklagten vor: In mehreren Varianten, die sie mittels Videos präsentierte, hatte sie Details dieser Versuche nachgestellt. Eine Gefahr für die Synagogenbesucher hätte in der konkreten Situation durch die Kombination aus Brandsatz und dem getroffenen Material nicht bestanden, resümierte sie.
Thomas F. stellte als Sachverständiger die Ermittlungsergebnisse zu den eingesetzten Sprengkörpern vor der Synagoge dar. Von diesen sei eine erhebliche und potenziell tödliche Gefahr ausgegangen. Unter anderem sei ein Splitter rund 30 Meter vom Ort der Detonation durch ein Fenster im zweiten Stock geflogen und drei Zentimeter tief in einen Türrahmen eingeschlagen. Ein weiterer Ermittler wurde zu einer sogenannten Nachsuche im Zusammenhang mit diesen Detonationen befragt: Am 30. Oktober, also drei Wochen nach der Tat, fand er am Tatort noch zahlreiche Bestandteile von Spreng- und Brandsätzen, u. a. zwei Molotovcocktails.
Am Nachmittag ließ die Vorsitzende Mertens die Waffen, die beim Angeklagten, in dessen Fluchtwagen und an Tatorten sichergestellt wurden, auf einem Tisch aufbauen und vom Sachverständigen Michael B. erläutern. Die meisten seiner Waffen soll der Angeklagte selbst gebaut haben: Bauteile, deren unmittelbare Verwendung für die Anschlags-Waffen sich nachvollziehen lasse, habe er den Ermittlungen zufolge ab 2015 bestellt. Vereinzelte verdächtige Material-Bestellungen seien aber auch schon 2012 und 2014 erfolgt.
Ausschweifend erklärte der 60-jährige BKA-Beamte die Funktionsweisen und historischen Hintergründe der einzelnen Waffen. Grundsätzlich seien die meisten der Waffen – und alle der eingesetzten – geeignet gewesen, tödliche Verletzungen hervorzurufen. Es käme im Zweifelsfall aber auch darauf an, was der Angeklagte “drauf habe”. Bei Rückfragen der Nebenkläger*innen versuchte sich der Sachverständige oft zunächst an einer Deutung, welchen juristischen Hintergrund die Frage habe, ehe er sie beantwortete. Der eigentliche Gehalt der Frage ging dabei teils unter. Irritierend anekdotenhaft berichtete der Polizist während seiner Ausführungen auch aus der eigenen Dienstzeit bei einem Spezialeinsatzkommando und der Bundeswehr, richtete die symbolisch zu einer Waffe geformte Hand auf einen Verteidiger und veranschaulichte mit schauspielerischem Einsatz, wie man das Magazin einer Maschinenpistole bei einem Einsatz leer feuern müsse, wobei er sich in Richtung der Nebenkläger*innen richtete. Gefallen fand er mit diesem Auftreten offensichtlich beim Angeklagten, der den Sachverständigen mehrfach unterbrach, um mit diesem einen Dialog über die Waffen anzufangen. Ähnlich hatte der Angeklagte bereits beim Sachverständigen zu den Sprengsätzen agiert und es offensichtlich auf eine als besonders kundig erscheinende Außenwirkung angelegt. Immer wieder lachte er nun bei den Ausführungen des Waffen-Sachverständigen auf. Die Vorsitzende sprach ihn darauf in zwei Fällen an und sagte, es gäbe wirklich nichts zu lachen.
Als der Sachverständige behauptete, zwei Schusswaffen hätten in den polizeilichen Tests nicht funktioniert, widersprach der Angeklagte bestimmt. Er selbst hätte diese erfolgreich getestet. An den ersten beiden Prozesstagen hatte er solche Waffentests im Vorfeld noch abgestritten. Als Nebenklage-Anwalt Jan Siebenhüner ihn auf diesen Widerspruch hinwies, erklärte der Angeklagte, er habe zwar die grundsätzliche Funktionsweise im Schuppen seines Vaters in einer speziell gefertigten Box getestet, aber nicht das Schießen mit den Waffen, etwa auf eine Scheibe, trainiert. Alle Waffen seien aber einmal zu Testzwecken mit scharfer Munition verwendet worden. Der Sachverständige erklärte, dass dies im Umfeld des väterlichen Hauses zu hören gewesen sein müsste, heutzutage aber viele Knallgeräusche gar nicht mehr auffallen würden.
Zu Beginn des Verhandlungstages wies Nebenklage-Anwalt Alexander Hoffmann die Vorsitzende Richterin darauf hin, dass sich eine ihm bekannte Rechtsextremistin im Publikum befände und nicht den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz tragen würde. Die anwesende Katja K., die sich im PEGIDA-Umfeld bewegt und etwa im Juni 2019 das neonazistische “Schild und Schwert”-Festival besuchte, wedelte daraufhin triumphierend mit einem Attest. Dies prüfte die Vorsitzende und verlas, dass K. empfohlen werde, bei Belastungen keinen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Da sie im Verhandlungssaal aber ruhig sitze, solle sie diesen aufsetzen, befand die Vorsitzende. K. verließ kurz darauf den Saal. Ebenso war kurzzeitig Jens Lorek, ein der rechtsextremen Szene nahestehender Rechtsanwalt, als Gast anwesend.
Das Verfahren wird am Mittwoch, 26. August, fortgesetzt. Gegenstand der Beweisaufnahme soll dann das soziale Umfeld des Angeklagten, insbesondere seine Online-Kontakte, sein.
Hauptverhandlung gegen Stephan B. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht Naumburg
6. Verhandlungstag (25. August 2020)
CN: Das nachfolgende Protokoll enthält explizit gewaltverherrlichende, rassistische, antisemitische und menschenverachtende Aussagen und Ausdrücke.
Wir protokollieren die vollständige Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle. Wir versuchen dabei, so nah wie möglich am Wortlaut der Verhandlung zu bleiben, direkte Zitate sind durch Anführungszeichen gekennzeichnet. Da es nicht zulässig ist, die Verhandlung mitzuschneiden, entsteht unser Protokoll auf Basis unserer Mitschriften aus dem Gericht.
Einige Passagen haben wir bewusst gekürzt. So werden etwa Inhalte, die die Persönlichkeitsrechte von Prozessbeteiligten oder Dritten verletzen könnten, nicht veröffentlicht. Zudem streichen wir in der öffentlich zugänglichen Fassung des Protokolls jene Passagen, die Details der Tat und Tatplanung beinhalten und deren Veröffentlichung eine Gefahr, etwa durch Nachahmer, darstellen könnte. Die entsprechenden Abschnitte werden mit “[XXX]” gekennzeichnet. In begründeten Ausnahmefällen können etwa Wissenschaftler*innen oder Journalist*innen die gestrichenen Passagen bei uns anfragen.
Nachnamen werden ggf. abgekürzt. An Stellen, an denen uns unser Protokoll nicht präzise genug war, etwa weil Wortbeiträge unverständlich vorgetragen wurden, haben wir Auslassungen auf die gängige Weise “[…]” angegeben.
Die Vorsitzende Richterin Ursula Mertens setzt die Hauptverhandlung gegen Stephan B. nach einer rund dreiwöchigen Pause um 10:04 Uhr fort und stellt die Anwesenden fest. Für Bundesanwalt Kai Lohse ist heute Staatsanwalt Birkholz anwesend. Die Bundesanwaltschaft wird außerdem erneut von Oberstaatsanwalt Stefan Schmidt vertreten. RA Tobias Böhmke wird von Erkan Görgülü vertreten. Bei den übrigen Nebenklagevertreter*innen und den Verteidigern gibt es keine Änderungen zu der normalen Besetzung.
Die Vorsitzende fragt, ob es Erklärungen zum Selbstleseverfahren gibt. Dies ist nicht der Fall.
Verteidiger RA Hans-Dieter Weber weist auf die Erklärung des anderen Verteidigers, RA Thomas Rutkowski, hin. Die Vorsitzende lässt diese verlesen.
Mit dem Schreiben, das RA Rutkowski beim Verlesen auf den 13. August 2020 datiert, regt die Verteidigung an, den Diplom-Physiker Bernd Salziger als Sachverständigen zu laden. Salziger habe das Gutachten vom 20.05.2020 geschrieben, in welchem er Feststellungen zur Schrotgeschwindigkeit und dessen Verteilung treffe. [XXX, Details zu Waffen und dem genannten Gutachten über diese. Die Verteidigung meint, der Gutachter sei auf relevante Fragen zum tödlichen Potenzial der Waffen nicht eingegangen, er solle daher noch einmal angehört werden, Anm. democ.]
OStA Stefan Schmidt erklärt dazu, dass das Gutachten zum tatsächlichen Tötungspotenzial der Waffen nur eines von vielen Indizien sei und für sich genommen gar keine Aussagekraft habe. Relevant sei die Vorstellung, die der Angeklagte in der Situation bezüglich der Wirkung seiner Waffe gehabt habe. […] Der Sachverständige sei deshalb nicht notwendigerweise anzuhören. Man könne ihn aber aus Sicht der Bundesanwaltschaft gern anhören, da sich daraus keine wesentliche Verfahrensverzögerung ergeben würde.
RA Alexander Hoffmann weist darauf hin, dass der Angeklagte vor Gericht gesagt habe, er habe durch die Akten gelernt, was für eine Wucht die von ihm gebauten Waffen und die Munition gehabt hätten. Was durch die Befragung des Sachverständigen objektiv herauskommen könne, sei dem Angeklagten also laut dessen Aussage neu. Die Frage nach seinem Vorsatz sei daher aus anderen Punkten herzuleiten. Er habe nach eigenem Bekunden die Vorstellung gehabt, dass man mit den von ihm gebauten Waffen töten könne.
RA Jan Siebenhüner sagt, er sei nicht ganz der Meinung der Bundesanwaltschaft und des Kollegen. Der Angeklagte habe sich zwar eingelassen und gesagt, dass er über die Wirkung der Schusswaffen etwas gelernt habe. Das Gericht müsse später aber auch bewerten, ob es sich bei der Tat um eine versuchte Tötung oder einen untauglichen Tötungsversuch gehandelt habe. RA Siebenhüner regt daher an, den verlesenen Beweisermittlungsantrag zurückzustellen. Es sei schade, dass dieser nicht als Beweisantrag gestellt worden sei, da man so das Ziel der Verteidigung besser hätte erkennen können.
Der Verteidiger RA Weber stellt daraufhin einen Beweisantrag, “der dazu passt”. Er beantragt ein erweitertes Gutachten des Sachverständigen Physikers Bernd Salziger. [XXX, Details zum Gutachten über die Waffen. Die Verteidigung meint, der Gutachter sei auf relevante Fragen zum tödlichen Potenzial der Waffen nicht eingegangen, es sei daher ein erweitertes Gutachten geboten, Anm. democ.]
Den Antrag habe RA Weber wegen seines Urlaubs auf dem Weg zum Gericht handschriftlich fertiggestellt. Er könne ihn daher nicht als Kopie einreichen.
Die Vorsitzende kündigt an, dass Abschriften des Antrags in der Pause verteilt werden und es für die Verfahrensbeteiligten bis morgen Gelegenheit zur Stellungnahme gebe.
Sie erinnert dann daran, dass RA Juri Goldstein einen Antrag gestellt habe, dass die Zeugenaussagen seiner MandantInnen verlesen werden können. Die Vertreter des GBA hätten signalisiert, dass sie damit einverstanden wären. Die Vorsitzende will nun wissen, wie die Verteidigung und die anderen Nebenkläger das sehen würden.
RAin Dr. Lang sagt, sie und einige andere Kolleg*innen hätten den genannten Antrag nicht erhalten. Die Vorsitzende nimmt das zur Kenntnis und will auch diesen noch verteilen lassen.
Befragung des Zeugen Raimond H. (Kriminalhauptkommissar beim BKA in Meckenheim)
Die Vorsitzende belehrt den Polizeibeamten über seine Pflichten als Zeuge und befragt ihn zu seinen Personalien.
Raimond H. ist 42 Jahre alt und Kriminalhauptkommissar beim BKA in Meckenheim.
Die Vorsitzende fragt H. nach seinem umfassenden Vermerk zu USBVs vom 29. Januar 2020. Hinter der Abkürzung verberge sich ihres Wissens nach der Ausdruck “Unkonventionellen Sprengvorrichtungen”, wofür das “B” in der Abkürzung stehe wisse sie im Moment nicht mehr. Raimond H. sagt, dass USBV für “Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen” stehe. Er habe für den Vermerk die Auswertungen der Gegenstände, die am Tatort, im Auto und in den Wohnräumen des Angeklagten gefunden worden seien, vorgenommen. Selbst habe er die Gegenstände nicht vorliegen gehabt, sondern andere Berichte lediglich ausgewertet und zusammengefasst.
Die Vorsitzende erwidert, sie gehe aber doch davon aus aus, dass sich H. die “Sachen” auch noch einmal angesehen haben. Dem widerspricht H. Er habe die fraglichen Gegenstände nicht vorliegen gehabt.
Die Vorsitzende sagt, dass sich Stephan B. bereits umfassend zu den Waffen und Sprengvorrichtungen eingelassen habe. Sie wolle deshalb auf diese zunächst nicht eingehen, um B.s Aussagen nicht unnötig Raum zu geben. Sie will wissen, ob sich H. im Rahmen seiner Ermittlungen auch mit dem “Pre-Action-Report” befasst habe und ob ersichtlich sei, woher B. seine Erkenntnisse über Waffen gehabt habe.
H. antwortet, dass die Punkte 1 bis 4, unter denen es unter anderem um den “Pre-Action-Report” gehe, in seinem Bericht von einem anderen Kollegen geschrieben worden seien. Er habe sich das angesehen, die Schriftform stamme aber von besagtem Kollegen.
Die Vorsitzende lässt ein Bild, auf dem augenscheinlich selbstgebaute Sprengsätze zu sehen sind, für alle Anwesenden auf den Bildschirmen aufrufen. Sie will wissen, was darauf zu sehen sei. H. antwortet, das Bild entstamme dem “Pre-Action-Report”. Dies sei ihr Arbeitstitel für eines der Dokumente gewesen, das B. online veröffentlicht hatte.
RA Alexander Hoffmann unterbricht die Befragung H.s durch die Vorsitzende. Er wolle die Vorsitzende darauf aufmerksam machen, dass im Publikum in der ersten Reihe eine ihm bekannte Rechtsextreme ohne Mund-Nasen-Schutz sitze. Die Frau [die Rechtsextreme Katja Kaiser, Anm. democ.] winkt mit einem Papier und ruft, sie habe ein Attest. RA Hoffmann bittet die Vorsitzende darum, dieses Attest zu prüfen, da seines Wissens nach mehr Fälschungen als Originale solcher Atteste [die vom Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes befreien sollen, Anm. democ.] im Umlauf seien. Die Vorsitzende Mertens kommt dieser Bitte nach. Sie lässt sich das mutmaßliche Attest bringen und liest vor, dass Kaiser in diesem empfohlen werde, bei Anstrengung aus gesundheitlichen Gründen auf einen Mund-Nasen-Schutz zu verzichten. Da Kaiser hier ruhig sitze, solle sie den Schutz tragen, sagt die Vorsitzende. Kaiser kommt dieser Aufforderung nach. RA David Herrmann weist RA Hoffmann darauf hin, dass Kaiser ihm den “Scheibenwischer” gezeigt habe, als er nicht hingeschaut habe. Er erwähne dies für den Fall, dass RA Hoffmann dagegen vorgehen wolle. RA Hoffmann sagt, er sei da nicht so empfindlich.
Die Vorsitzende liest weiter aus dem “Pre-Action-Report” vor und stellt Fragen zu diesem. [XXX, Details zum “Pre-Action-Report” und den dort beschriebenen Waffen, Anm. democ.]
H. sagt, dass an einer Glasflasche, die zum Bau eines Brandsatzes verwendet worden war, DNA-Spuren der Mutter des Angeklagten gefunden worden seien. Die Vorsitzende fragt nach unbekannten DNA-Spuren. H. sagt, unter einem Klebeband habe es Mischspuren gegeben, von denen nicht alle zuzuordnen gewesen seien. […]
Die Vorsitzende fragt nach einer Übersicht von Bestellungen, die der Angeklagte getätigt haben soll. Dieser sei als ältester Punkt eine Bestellung von [XXX, Stoff, der zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden könnte, Anm. democ.] im Mai 2012 zu entnehmen. Auch 2014 seien noch verdächtige Bestellungen getätigt worden. Sie will wissen, woher diese Daten kommen würden. H. sagt, es seien durch Finanzermittler alle Transaktionen der letzten Jahre ausgewertet worden. Er habe aus deren Berichten die Bestandteile, die für die Fertigung der USBVs genutzt worden seien, herausgezogen.
Die Vorsitzende sagt, H. habe in seinem Bericht ein kleines Resümee gezogen, dass sich auf die Darstellung B.s beziehe, derzufolge er erst wenige Monate vor der Tat mit dem Bau der USBVs begonnen habe. H. sagt, diese Darstellung habe sich weitestgehend mit ihren Ermittlungsergebnissen gedeckt, allerdings habe es eben relevante Bestellungen in den Jahren 2012 und 2014 gegeben.
RA Sebastian Scharmer fragt, ob H. sagen könne, wie viele DNA-Spuren es gegeben habe, die nicht dem damals Beschuldigten oder seiner Mutter zugeordnet werden konnten. H. sagt, da müsste er raten.
RAin Kristin Pietrzyk fragt, ob H. die Übersicht der Detonationsorte angefertigt habe. H. verneint das. Er habe die Orte aus verschiedenen Tatortberichten übernommen und auch eine Übersichtsgrafik stamme nicht von ihm, sondern von seiner Kollegin Frau R. Er habe diese einfach übernommen, so wie er es auch kenntlich gemacht habe.
Die Vorsitzende fragt H. nach einer späteren Tatortbegehung. Bei dieser sei ein Detonationskrater untersucht worden. H. sagt, seines Wissens nach sei der Krater schon direkt nach der Tat gesichtet worden. Bei der späteren Tatortbegehung seien noch Metallkugeln und zwei Molotovcocktails gefunden worden. Die Vorsitzende sagt, dass diese Begehung am 30. Dezember stattgefunden habe [später ist mehrfach die Rede davon, dass sie tatsächlich am 30. Oktober, also drei Wochen nach der Tat stattfand, Anm. democ.].
RA Scharmer fragt, ob es Feststellungen gegeben habe, wie weit die eingesetzte USBV am jüdischen Friedhof gestreut habe. H. sagt, in einem Bericht sei festgestellt worden, dass man an einem gegenüberliegenden Haus Beschädigungen im zweiten Obergeschoss festgestellt habe. RA Scharmer sagt, dass sich weitere Fragen an den Zeugen erübrigen würden, da dieser nur Ermittlungsergebnisse zusammengefasst habe. Die Vorsitzende stimmt dem zu. Dieses Vorgehen mache man normalerweise deutlich kenntlich, sagt sie zu H. Dieser erwidert, er habe das in der Befragung gerade stets eingeräumt. Die Vorsitzende sagt, das stimme, sein Vorgehen sei aber vor der Ladung als Zeuge nicht ersichtlich gewesen. Der Zeuge wird unvereidigt entlassen.
RAin Pietrzyk regt an, die Ermittler, auf die sich H. in seinem Bericht bezogen habe, zu laden. Dies gelte insbesondere EKHK S. [Erster Kriminalhauptkommissar, Anm. democ.], der einen Vermerk bezüglich der Detonationen an Synagoge und Friedhof verfasst habe.
Die Vorsitzende sagt, EKHK S. habe sich telefonisch bei ihr gemeldet. Er sei im Ruhestand und habe sich nach dem Verfahren erkundigt. Er habe ihr gesagt, dass statt seiner KOK G. [Kriminaloberkommissar, Anm. democ.] geladen werden könne. Dieser habe seinen Vermerk mitverfasst und sei auskunftsfähig.
RAin Pietrzyk bittet darum, noch einmal zu prüfen, ob G., anders als H., wirklich auskunftsfähig sei.
Die Rechtsextreme Katja Kaiser verlässt den Saal.
Befragung des Zeugen Oliver D. (Kriminalhauptkommissar beim BKA in Meckenheim)
Der Zeuge wird über seine Pflichten als Zeuge belehrt und zu seinen Personalien befragt. Oliver D. ist 49 Jahre alt und Kriminalhauptkommissar beim BKA in Meckenheim.
Die Vorsitzende fragt ihn nach seinem Bericht vom 15. Juni 2020, in dem er sich mit den Waffen B.s beschäftigt habe und dafür Gutachten und Berichte ausgewertet und in einem Zusammenhang gebracht habe. Der Bericht sei 300 Seiten lang, er müsse das nicht alles aufzählen. Sie wolle zunächst über die Übersicht über die Waffen B.s sprechen, die am Anfang des Berichts stünde.
D. schildert, dass er die Waffen, die gefunden worden seien, in einer Übersichtstabelle dargestellt habe. Er habe dort die Asservatennummer, den Fundort, die Bezeichnung der Waffe durch die Ermittler beim ersten Fund, den Namen der Waffe in B.s Dokumenten, die Bezeichnung des Einsatzzweckes durch B., die Frage, ob sie selbst oder industriell hergestellt worden sei und das Kaliber der Waffe aufgeführt.
[XXX, Details zu den Waffen und deren Verwendung, die Vorsitzende geht die Liste der Waffen durch und stellt teils Fragen zu diesen. Fotos werden auch für die Zuschauer gezeigt, Anm. democ.]
Die Vorsitzende fragt nach einem Foto aus dem August 2019, auf dem B. mit einer Kappe zu sehen ist. D. sagt, es habe mehrere Fotos gegebene, auf denen B. mit oder ohne Waffe posiert habe. Die Vorsitzende lässt ein Bild zeigen, auf dem B. in Kampfausrüstung zu sehen ist und salutiert. D. sagt, hier sehe man die volle Montur, die B. auch bei der Tat getragen habe. Das Foto sei entstanden, kurz bevor B. aufgebrochen sei. Es sei im Haus des Vaters aufgenommen worden. Die Vorsitzende sagt, in den Akten stehe, es sei am 9. Oktober 2020 um 12:55 Uhr aufgenommen worden.
[XXX, Details zu den Waffen und deren Herstellung. Fotos werden auch für die Zuschauer gezeigt, Anm. democ.]
Die Vorsitzende sagt, D. habe ja auch ermittelt, wie B. an das Baumaterial für seine Waffen gelangt sei. D. antwortet, er habe das nur zusammengefasst. Er habe alle Gegenstände aus den Bestellungen aufgelistet, die bei der Tat auch tatsächlich genutzt worden seien.
[XXX, Details zu den Waffen. Bestellungen begannen 2015, intensivierten sich ab 2017. Die Bestellung von Werkzeugteilen habe einmal auch die Mutter des Angeklagten, Claudia B., übernommen, Anm. democ.]
Die Vorsitzende zeigt Screenshots aus dem Livestream der Tat, an dem Markierungen an der sichtbaren Waffe vorgenommen worden sind. D. sagt, bei diesen Bildern sei es darum gegangen, anhand der Bilder zu klären, ob B. in der fraglichen Situation eine weitere Schussabgabe versucht habe. Nachdem er sein erstes Opfer erschossen habe und ein Sprengsatz umgesetzt habe, sei im Video zu sehen, wie B. Richtung Wasserturm ziele, wo sich zwei Frauen befinden, die flüchten. Bei den Bildern sei es um die Frage gegangen, ob er auf diese gezielt oder abgedrückt habe. Sie hätten dafür den Ladehebel auf den Bildern untersucht. [XXX, Details zur Waffe, Anm. democ.] Ob B. abgedrückt habe, sei schwierig zu sagen. B. habe in der Vernehmung gesagt, er könne sich nicht daran erinnern, gezielt und abgedrückt zu haben.
[XXX, Details zu den Waffen und deren Herstellung. Fotos werden auch für die Zuschauer gezeigt, Anm. democ.]
Verteidiger RA Weber fragt, ob es in der geschilderten Untersuchung des Ladehebels auf Bildern des Tatvideos um die Situation gegangen sei, in der Mandy R. betroffen gewesen sei. D. bejaht das.
RAin Pietrzyk fragt, ob D. auch mit der Rezeption der hochgeladenen Dokumenten im Internet befasst gewesen sei. D. verneint das. Auch zu Erkenntnissen zu 4chan habe er nicht beigetragen. Die Vorsitzende sagt, es gebe in den Akten insgesamt drei Personen mit dem Nachnamen D.s. Sie vermutet, RAin Pietrzyks Fragen betreffen den Ermittler D., der für den morgigen Verhandlungstag geladen ist. RAin Pietrzyk sagt, das sei er eben nicht.
RAin Katrin Kalweit bezieht sich auf eine vorherige Aussage D.s, derzufolge B. angegeben habe, Werkzeuge, die er für die Herstellung der Waffen benötigt habe, über einen Aushang im Supermarkt verkauft zu haben. RAin Kalweit fragt, ob es dazu Ermittlungen gegeben habe. D. sagt, ihm seien jedenfalls keine Ermittlungsergebnisse bekannt.
RA Goldstein stellt eine Frage zur Herstellung der Waffen. [XXX, Details zu den Waffen und deren Herstellung, Anm. democ.]
RA Scharmer stellt mit Vornamen und Dienstgraden dar, welche der drei Ermittler D. für welche Ermittlungen und Berichte zuständig gewesen seien.
Er fragt D., was dieser zu den Brüdern W. sagen könne. D. sagt, diese seien als diejenigen festgestellt worden, welche die Dateien B.s im Internet weiterverbreitet hätten. Das habe für die Ermittlungen “dann nicht mehr so die Rolle gespielt.” Eine direkte Verbindung zu B. hätten sie nicht ermitteln können.
RA Scharmer fragt, wer die Ermittlungen in diesem Bereich schwerpunktmäßig geführt habe. D. sagt, das müsse er noch einmal nachschauen. Sie hätten verschiedene Ermittlungsteams gehabe. Er meine, für die Ermittlungen zu den Brüdern W. sei das Team 2 zuständig gewesen. Er selbst sei mit den Ermittlungen nur am Rande befasst gewesen.
RA Scharmer sagt, es falle auf, dass er, D., den Vermerk gemacht habe, dass W. keinen Bezug zur rechtsextremen Szene habe, dieser in seiner Vernehmung aber selbst gesagt habe, dass er bereits wegen Volksverhetzung verurteilt worden sei. D. sagt, ihm falle ein, dass er diesen Satz spät abends schnell für die Kollegen in NRW zusammengeschrieben habe. Er habe diese über ihre Erkenntnisse informieren wollen. Es sei spät gewesen und von den Zuständigen sei sonst vermutlich niemand mehr im Büro gewesen. Daher habe es das übernommen. RA Scharmer sagt, laut Aktenlage müsste dafür eigentlich Herr Sch. zuständig gewesen sein. D. sagt, das könne sein. RA Scharmer fragt, ob D. wisse, ob Christian W. vernommen worden sei. D. antwortet, seiner Erinnerung nach seien zwei Brüder vernommen worden.
RA Andreas Schulz fragt, ob D. bekannt gewesen sei, dass es eine Europol-Warnung zur Verwendung von 3D-Druckern durch Rechtsterroristen gegeben habe. D. sagt, das sei ihm nicht bekannt gewesen. Es habe aber während der Ermittlungen Diskussionen über vergleichbare Vorfälle gegeben.
RAin Pietrzyk fragt, ob D. die Brüder W. in den Verbunddateien des BKA abgefragt habe. D. sagt, das sei sicher gemacht worden. Ob er das gemacht habe, hakt RAin Pietrzyk nach. D. sagt, das wisse er nicht mehr. Auch ob das Ergebnis in den Akten stünde, könne er nicht sagen. RAin Pietrzyk erwidert, sie habe es jedenfalls nicht vorliegen. D. sagt, er habe diese Ermittlungen “auf die Schnelle” gemacht.
RAin Pietrzyk bezieht sich auf seine vorherige Aussage, die Brüder W. seien nicht weiter relevant für die Ermittlungen gewesen. Sie fasst zusammen, dass da jemand Anleitungen und Aufrufe zum Mord bei der bekannten Seite 4chan wieder hochgeladen habe und will wissen, wie D. dazu komme, zu sagen, das sei nicht relevant. D. antwortet, er habe natürlich nicht sagen wollen, dass man da nicht ermitteln müsste. Das “nicht relevant” habe sich auf die Frage bezogen, wo B. seine Dateien selbst bezogen habe. Es habe sich gezeigt, dass die Dateien von B. kamen und die Brüder W. sie weiterverbreitet hätten, nicht etwa umgekehrt. Die Ermittlungen zu den Brüdern W. seien dann so etwas wie ein ein Nebenschauplatz gewesen.
RAin Pietrzyk fragt, ob D. wisse, wie die Ermittlungen zu den Brüdern W. weitergegangen seien. D. sagt, er wisse, dass diese sinngemäß gesagt hätten, sie hätten nicht gewusst, dass ihr Vorgehen strafbar gewesen sei. Mehr wisse er nicht. RAin Pietrzyk will wissen, ob D. wisse, ob die Brüder etwas zu ihrer Motivation gesagt hätten. D. sagt, dazu könne er nichts mehr sagen.
Der Zeuge wird unvereidigt entlassen. Er entschuldigt sich für die Verwirrungen mit den unterschiedlichen D.s.
Die Vorsitzende ordnet eine Pause an. Diese geht von 12:05 Uhr bis 13:15 Uhr. Die Verhandlung wird pünktlich fortgesetzt.
Befragung der Sachverständigen Dr. Silke Cox (Leiterin des Fachbereichs “Brand und Raumexplosion beim BKA)
Die Sachverständige wird über ihre Pflichten als Sachverständige belehrt. So habe sie Angaben nach ihrem besten Wissen und Gewissen und dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu machen. Sie wird zu ihren Personalien befragt. Dr. Silke Cox ist 61 Jahre alt, Diplom-Chemikerin und leitet beim BKA den Fachbereich “Brand und Raumexplosion”.
Sie hat ein Gutachten vom 3. Januar 2020 erstellt. Der GBA habe von ihr wissen wollen, ob der Angriff mit Brandsätzen auf die Synagoge eine potentiell tödliche Gefahr für die Besucher hätte darstellen können. Für Bundesanwalt Kai Lohse hätten sich diesbezüglich Fragen ergeben, nachdem er selbst den Tatort angesehen hatte. Dr. Cox war am 30. Oktober 2019 in Halle, um den Tatort zu begutachten.
[XXX, Details zu den örtlichen Gegebenheiten und den eingesetzten Brandsätzen, Anm. democ.]
Dr. Cox hat einen USB-Stick mitgebracht. Sie zeigt Videos von mehreren Versuchen, für die sie die mögliche Brandsituation nachgestellt hatte.
[XXX, Details zu den örtlichen Gegebenheiten und den eingesetzten Brandsätzen. Eine Gefahr für die Synagogenbesucher hätte in der konkreten Situation durch die Kombination aus Brandsatz und dem von diesen getroffenen Material nicht bestanden, resümiert Dr. Cox, Anm. democ.]
Die Sachverständige wird unvereidigt entlassen.
Verteidiger RA Weber bezieht sich auf den am Beginn des Verhandlungstages erwähnten Antrag RA Goldsteins und stimmt zu, dass dieser die Aussagen seiner Mandanten verlesen darf. Die förmliche Zustimmung werde noch geklärt, sagt die Vorsitzende.
Befragung des Sachverständigen Thomas F. (BKA in Wiesbaden)
Die Vorsitzende belehrt F. über seine Pflichten als Sachverständiger und befragt ihn zu seinen Personalien. Thomas Forster ist 57 Jahre alt und Sachverständiger für Wirkungsuntersuchung beim BKA in Wiesbaden.
Er hat zu seinen Untersuchungen eine PowerPoint-Präsentation vorbereitet.
RA Scharmer fragt, ob diese zu den Akten komme. Die Vorsitzende sagt, sie kenne sie noch nicht, aber würde das dann so handhaben, dass eine Kopie zu den Akten komme.
F. hat die USBV geprüft und Versuche mit sogenannten Vergleichsvorrichtungen durchgeführt. Für diese sei teils ein anderer Sprengstoff verwendet worden, da die von B. eingesetzten Materialien teilweise nicht handhabungssicher seien.
[XXX, Details zu den Waffen. Laut dem Gutachten sei bei den verwendeten USBVs durch Splitter in einem Radius bis zu 157 Metern nach NATO-Definition von tödlichen Verletzungen auszugehen. Gerichtsmediziner würden sagen, dass auch eine Energie, die weit unterhalb der NATO-Definition liegt, tödlich sein könne. Durch den Luftdruck der verwendeten USBVs könnte das Trommelfell bis zu einer Entfernung von 5 Metern, die Lunge bis zu einer Entfernung von 3 Metern zum Sprengsatz verletzt werden. Die Richtung, in der Splitter fliegen, sei bei einer USBV nicht kontrollierbar. Teile der Sprengsätze seien in einem 26 Meter entfernt liegenden Fenster im zweiten oder dritten Stock eines gegenüberliegenden Fensters eingeschlagen, hätten den Raum durchquert und seien rund 3 Zentimeter tief in einen Türrahmen eingedrungen. Während der Befragung des Sachverständigen durch Strafsenat, Verteidigung und Nebenklage schaltet sich B. mehrfach direkt ein und stellt Detailfragen, etwa zum verwendeten Sprengstoff oder dem Versuchsaufbau mit den Vergleichsvorrichtungen, Anm. democ.]
Der Sachverständige F. wird unvereidigt entlassen.
RA Hoffmann merkt an, dass protokolliert werden soll, dass der Angeklagte im Rahmen der Befragung eine Erklärung abgegeben habe. Die Vorsitzende sagt, das werde gemacht.
Sie ordnet eine zwanzigminütige Pause von 14:25 Uhr bis 14:45 Uhr an.
RA Andreas Schulz ist nach der Pause für heute nicht mehr dabei.
Befragung des Zeugen Darius K. (Kriminaloberkommissar beim BKA in Wiesbaden)
Der Zeuge wird über seine Pflichten belehrt und zu seinen Personalien befragt. Darius K. ist 30 Jahre alt und Kriminaloberkommissar beim BKA in Wiesbaden.
Er schrieb einen Vermerk zur sogenannten Nachsuche am 30. Oktober 2019 in der Nähe der Synagoge, die er gemeinsam mit seinem Kollegen S. durchführte. Bei dieser Suche seien Brandsätze und Teile eines Sprengsatzes gefunden worden. [XXX, Details zu den Waffen, Anm. democ.]
Die Verhandlung wird für 15 Minuten unterbrochen, weil etwas aufgebaut werden muss. Die Vorsitzende sagt, sie wolle vermeiden, dass der Angeklagte bei diesem Aufbau dabei sei.
Die Verhandlung wird um 15:08 Uhr fortgesetzt.
Auf einem Tisch vorm Zeugentisch sind die Waffen B.s aufgebaut. Sie sind in Folien und Papiere eingewickelt, die Formen sind aber größtenteils zu erkennen.
Befragung des Sachverständigen Michael Benstein (Erster Kriminalhauptkommissar beim BKA)
Die Vorsitzende belehrt den Sachverständigen zu seinen Pflichten und befragt ihn zu seinen Personalien. Michael Benstein ist 60 Jahre alt und Erster Kriminalhauptkommissar beim BKA. Er hatte sich für sein Gutachten mit den Schusswaffen B.s und Schusswaffenspuren befasst und will dieses in einem mündlichen Vortrag zusammenfassen. Er nimmt eine der Schusswaffen in die Hand und demonstriert, dass diese leer ist.
[XXX, Details zu den Waffen, Benstein erläutert die Funktionsweise und Geschichte der Waffe. B. lacht dabei, “Da gibt es nichts zu lachen”, sagt die Vorsitzende zu ihm, Anm. democ.]
RA Jan Siebenhüner fragt, ob es sich um eine Nahkampfwaffe handele. Benstein antwortet, bei Maschinenpistolen handele es sich an sich um Nahkampfwaffen. Sie seien für den Zweck gedacht: “Einmal rein in den Feind, Magazin leer schießen, wieder raus.” Während er das sagt deutet er, ohne die Waffe in der Hand zu haben, eine entsprechende Körperhaltung und Bewegung an und dreht sich bei den Worten “Magazin leer schießen” einmal im Halbkreis in Richtung der Nebenklage-Vertreter*innen. RA Siebenhüner lacht und bestätigt, dass er diesen Verwendungszweck auch so gelernt habe. Auch Benstein lacht.
[XXX, Details zu Waffen, Benstein fährt mit anderer Waffe fort. Diese habe nicht funktioniere. B. unterbricht ihn: Sie habe “nachweislich funktioniert”, sagt er. Benstein antwortet: “Wir haben damit geschossen, wir haben Sie nicht zum Schießen gebracht. Wenn Sie sagen, damit wurde geschossen, nehme ich das zur Kenntnis.” Auch bei einer weiteren Waffe unterbricht B. in ähnlicher Weise und verteidigt seine Waffen. Er habe diese selbst getestet und sie hätten funktioniert. Später formuliert er selbst Fragen nach der Effizienz der Waffen und richtet diese an den Sachverständigen. Benstein antwortet auf Fragen zur Zielgenauigkeit der Waffen, diese hänge davon ab, wie viel jemand “drauf habe”. Fragen des RA Siebenhüner, ob bestimmte Schüsse beherrschbar gewesen seien, beantwortet er wiederholt ungenau und spekuliert unzutreffend über den juristischen Hintergrund der Frage. Erst als RA Siebenhüner ausdrücklich offenlegt, was der Hintergrund seiner Frage sei, beantwortet Benstein diese, Anm. democ.]
Benstein berichtet von Munition, in die Hakenkreuze und SS-Runen eingeritzt gewesen seien. [XXX, Details zu Munition, Anm. democ.]
Die Vorsitzende will Benstein entlassen. RA Siebenhüner unterbricht und bittet, ihn noch kurz als Sachverständigen im Saal zu lassen.
RA Siebenhüner richtet eine Frage an B.: Er habe am ersten Verhandlungstag erklärt, dass er die Waffen nicht getestet haben. Er sei explizit gefragt worden, ob er zum Schießen in den Wald gegangen sei und habe das verneint. RA Siebenhüner will wissen, wie sich B. diesen Widerspruch erkläre.
[XXX, Details zu den Waffen, B. erklärt, er habe deren Funktionstüchtigkeit getestet, aber nicht das Schießen, etwa auf Scheiben. Zum Testen, bei dem er auch scharf geschossen habe, habe er den Schuppen seines Vaters genutzt, Anm. democ.]
RA David Herrmann fragt Benstein, ob es in einem Wohngebiet nicht zu hören sei, wenn scharf geschossen werde. Benstein bestätigt das, sagt aber, dass der Schall durch Schuppen oder Gebäude gedämpft gewesen sein könnte. Außerdem würde heutzutage ständig etwas knallen, man würde daher abstumpfen und sich bei dem Knall vielleicht nichts denken.
Der Sachverständige Benstein wird unvereidigt entlassen.
RA Alexander Hoffmann bittet darum, dass im Protokoll vermerkt wird, dass B. sich zur Sache eingelassen hat.
Die Vorsitzende kündigt an, dass die nächste Sitzung am 26. August erst um 10 Uhr, statt wie angekündigt um 9:30 Uhr beginnt.
Veröffentlicht am 14. September 2020.